Post trägt NPD aus

■ Postboten weigerten sich, NPD–Post auszutragen

Bochum (taz) - Als Wahlhelfer wider Willen für die NPD wurden die Postboten in Ennepetal/Ruhr eingesetzt. Die Postler hatten ein als Wurfsendung deklariertes Flugblatt der Rechtsradikalen zu verteilen. Sie weigerten sich geschlossen, das Pamphlet mit dem Aufmacher „Deutschland den Deutschen“ auszutragen. Die Briefträger befürchteten, mit dem Inhalt des Flugblattes, das sich gegen Asylbewerber wendet, identifiziert zu werden. Durch die Einschaltung des Personalrates hofften die Zusteller, von der Verteilung verschont zu bleiben. Sie machten die Rechnung jedoch ohne die Postordnung. Nach dieser „Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft“ darf jeder offene Wurfsendungen durch Postboten an die Haushalte verteilen lassen. Auch eine Bürgerinitiative gegen Atomkraftwerke könne diesen Service in Anspruch nehmen, meinten die Pressesprecher des zuständigen Postamtes Hagen, Rudolf Brass, und sein Kollege von der Oberpostdirektion Dortmund, Heinz Möllmann, übereinstimmend, solange der Inhalt nicht „gegen die guten Sitten“ verstoße und „niemand beleidigt“ werde. Eine Auffassung, die vom Sprecher des Bundespostministerium Klaus Czerwinski, geteilt wird. So erhielten die Ennepetaler Postboten denn auch gestern die höchstministerielle Weisung, die NPD Blätter auszutragen. Völlig anders liegt ein Fall allerdigs in Siegen. Dort versahen die Grünen ihre Briefumschläge mit dem Stempelaufdruck eines durchgestrichen Atomkraftwerkes. Diese Post wurde von der Beförderung ausgeschlossen. Hier liege ein Verstoß gegen § 13 der Postordnung vor, erläuterte Pressesprecher Möllmann. Die Außenseite von Briefen müsse von „politischen und religiösen Meinungsäußerungen freigehalten“ werden. Die Post könne immerhin mit derartigen Kennzeichnungen identifiziert werden. „Das gilt allerdings nur für die Vorderseite der Briefe“, führte der Sprecher von Schwarz–Schilling, Czerwinski, weiter aus, „die Rückseite ist wieder für Meinungsäußerungen frei“. Sowohl die Mär von der Meinungsfreiheit auf der Rückseite von Briefen als auch die Äußerung, daß Postwurfsendungen linkeren Inhalts befördert würden, bezweifelt der Dortmunder Sekretär der Postgewerkschaft, Jochen Schuck. Rita Schnell