piwik no script img

Offener Machtkampf in der Türkei

■ Islamische Fundamentalisten des „Heiligen Krieges“ mobilisieren gegen laizistischen Staat Am Wochenende Massendemonstration in Istanbul und landesweite Protestaktionen und Demos

Aus Istanbul Ömer Seven

Seit dem letzten Wochenende ist in der Türkei der lange schwelende Konflikt zwischen dem laizistischen Staat und den islamischen Fundamentalisten in einen offenen Machtkampf umgeschlagen. Es waren die Kämpfer des „Heiligen Krieges“ und nicht die von den Militärs zerschlagene Linke, die - erstmals seit dem Militärputsch 1980 - eine nicht genehmigte Großdemonstration durchführten. Die Protestaktionen folgten auf die Entscheidung der Universitätsverwaltungen, Hausverbot für kopftuchtragende Studentinnen auszusprechen. Die Machtdemonstration der islamischen Fundamentalisten begann mit dem heiligen Freitagsgebet in der Beyazit–Moschee. Der ehemalige Vorsitzende der nach dem Putsch verbotenen „Nationalen Heilspartei“, Erbakan, war zum Gebet in der Moschee, die sich in unmittelbarer Nähe der Universität Istanbul befindet, erschienen. Vor deren Toren tun seit Tagen kopftuchtragende Studentinnen ihren Widerstand kund. Nach dem Freitagsgebet sammelten sich Tausende bärtiger Männer und kopftuchtragender Frauen, um Erbakan ins Istanbuler Verlagsviertel Cagaloglu zu begleiten. „Nieder mit Atatürk“, „Hoch lebe die moslemische Türkei“, „Glaubenskämpfer Erbakan“ waren die Parolen der Demonstrierenden, während Erbakan in Cagaloglu eine Pressekonferenz abhielt. Der zufällig im Gebäude der Präfektur anwesende Kultusminister wurde von den Demonstranten eingeschlossen. Die Polizei, mit einem riesigen Aufgebot vertreten, verhielt sich zurückhaltend. Erst gegen Ende wurden sieben Personen, angeblich „Rädelsführer“, unter ihnen zwei Iraner, verhaftet, da es sich laut Polizei um „Agenten des Khomeini–Regimes“ handelte. Am Wochenende folgten landesweit Protestaktionen und Demos in Malatya, Konya, Bursa, Adana und Gaziantep. Kommentar Seite 4

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen