BUKO: Ende gut, alles gut

■ Anti–AKW–Konferenz trotz erneutem Verbot zu Ende geführt / Räumung des KOMM stand bevor / Kampagne gegen Atomanlagen / Keine Spaltung an der Gewaltfrage

Aus Nürnberg Bernd Siegler

Ohne Konfrontation mit den starken Sicherheitskräften ging gestern am frühen Nachmittag die Bundeskonferenz der Anti–AKW– Initiativen im Nürnberger KOMM zu Ende. Trotz des um 11.40 Uhr vom bayerischen Verwaltungsgerichtshof erneut erlassenen Verbots tagte die Konferenz bis zur letzten möglichen Minute. Die Polizei stand schon zum Räumen bereit, als die etwa 1.000 Konferenzteilnehmer kurz nach 13 Uhr geschlossen das KOMM verließen. Nach der angesichts des drohenden Polizeieinsatzes sehr hektisch verlaufenen Plenumsdiskussion sprach Prof. Jens Scheer von einer „grundsätzlichen Umorientierung“ der Anti– Atombewegung. Ziel müßte es nun sein, zusammen mit den nach Tschernobyl neu entstandenen Gruppen eine Stillegungskampagne konkret gegen jeden Atommeiler zu starten unter dem Motto: „Ran an die laufenden Anlagen“. So soll man konkret in der Brennelementewechsel–Phase eingreifen, um aus betriebsbedingten Abschaltungen endgültige werden zu lassen. Im April könnte dies in Stade begonnen werden, jedoch werde man die Abschaltung des maroden AKW Stade nicht als „Bauernopfer“ hinnehmen. Über einen Aktionsvorschlag zu einer Großdemonstration von Friedens– und Anti–AKW–Bewegung mit Blockaden im Vorfeld zum Herbst 1987 in Wackersdorf konnte sich das Plenum nicht einigen. Vertreter von verschiedenen Oberpfälzer Bürgerinitiativen äußerten Bedenken gegen den von den Zeitschriften RadiAktiv und Atom vorgelegten Vorschlag. Fortsetzung auf Seite 2 Tagesthema Seite 3 Ihnen fehlt eine inhaltliche Bestimmung der Blockaden im Gesamtkonzept „Unruhe in der Oberpfalz“. Man lehne eine Großdemonstration in Wackersdorf ab, denn die Devise heiße „Weg vom Bauzaun - Hin zur Infrastruktur“. Deshalb seien Blockaden nicht nur eine Zugabe zu einer Großdemonstration, sondern eine gleichberechtigte Aktionsform. Angesichts der derzeitigen „desolaten Situation vorort“ müsse man bei Durchführung beider Aktionsformen mit einem Rückschlag rechnen. Der Aktionsvorschlag muß deshalb noch einmal auf der Atommüllkonferenz Ende Februar in Bielefeld diskutiert werden. Nach Auffassung von Wolfgang Ehmke von der BI Lüchow–Dannenberg müsse die Anti–AKW–Bewegung aus dem Windschatten der WAA heraustreten, zumal er nicht damit rechnet, daß die WAA gebaut wird. Statt dessen müsse die Konditionierungsanlage und die Endlagerthematik in den Mittelpunkt treten, um „nicht vor vollendeten Tatsachen zu stehen“. Für den 2. Mai ruft die BUKO überregional zum Aktions– und Widerstandstag gegen die Kraftwerkunion (KWU) auf, da der Widerstand „verstärkt an die Produktionsstätten, die Wurzeln des Übels“, getragen werden müsse (Vorbereitungstreffen am 21.3. in Berlin). Mit einem bundesweiten Aktionstag im Juni dieses Jahr sollen die Atomtransporte, ein „wichtiger Hebel bei der Durch setzung der Stillegung von Atomanlagen“, zum Thema gemacht werden. Die Gruppe „Demontiert den Atomstaat“, die als Begründung der beiden BUKO–Verbote von Regensburg und Nürnberg angeführt wurden, rufen ungeachtet der aufgezwungenen Gewaltdiskussion weiterhin zu symbolischen Schraubaktionen an Strommasten auf. Auf die Gewaltfrage angesprochen, stellten Konferenzteilnehmer auf der Pressekonferenz klar, daß zwischen „verstrahlten Generationen und der Gewalt, die im Gesetzbuch steht“, zu unterscheiden sei. „Erstere steht bei unserer Gewaltdiskussion im Vordergrund.“ „Auch wenn es innerhalb der eigenen Reihen harte Diskussionen darüber gibt, lassen wir uns an dieser Frage nicht spalten“, betonte Jens Scheer. Ein Großteil der Resolutionen konnte angesichts der drohenden Räumung nicht mehr verabschiedet werden. Trotzdem werteten die Veranstalter die BUKO als „großen Erfolg“. Eine breite Unterstützung sowie „Entschlossenheit und praktische Schritte“ hätten den Einsatz der über 4.000 in Nürnberg zusammengezogenen Polizisten verhindert. „Wir sind eine breite und vielfältige Bewegung, deren Austausch und Diskussion nie im Untergrund, sondern immer in aller Öffentlichkeit stattgefunden hat.“ Das neuerliche Verbot der BUKO hatte der VGH mit der Nichterfüllung der Auflagen begründet. „Es war uns klar, daß bei geringstem Anlaß wieder ein Verbot kommt“, erklärte Christof Seils vom BUKO–Büro.