Treffen kritischer Polizisten

■ Erste Initiative auf Einladung der Grünen in Bonn / „Dienstquittieren würde nur den Rechten zugute kommen“ / Resolution bedauert BUKO–Verbot als „Aushöhlung demokratischer Grundrechte“

Aus Bonn Oliver Tolmein

Zum ersten Mal trafen sich am Sonntag auf Einladung der Bundestagsfraktion der Grünen kritische Polizistinnen und Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet. Erste Initiativen von kritischen Polizeibeamten hatten sich nach den brutalen Einsätzen gegen Anti–AKW–Demonstranten in Kleve und nach dem Hamburger Kessel im Juni 1986 gebildet. Ein weiterer Anstoß für eine Diskussion war, daß zwei Polizisten möglicherweise für die Grünen in den Bundestag einziehen werden. In den meisten Städten und Regionen - das wurde bei den Diskussionen am Sonntag deutlich - sind die Ordnungshüter isoliert, die zwar Grundrechte wie Meinungs– und Demonstrationsfreiheit sichern, sie aber nicht durch Schlagstockeinsätze gegen Demonstranten beschneiden wollen. Das Verhältnis von Polizei zur außerparlamentarischen Opposition stand aber nicht im Mittelpunkt des ersten Treffens. Wichtiger war den 25 Angereisten, sich über die eigene Position innerhalb der Polizei klar zu werden und Vorschläge für eine verbesserte, weniger militärische Ausbildung zu diskutieren. In der Abschaffung der Polizei insgesamt oder dem eigenen Aussteigen aus dem Apparat sehen die meisten keine Lösung: „Wenn wir Plätze freimachen, rücken die Rechten nach und nichts ändert sich“, begrün dete ein junger Schutzpolizist, warum er nicht daran denkt, den Dienst zu quittieren. Außerdem bestehe ein erheblicher Teil des Polizeialltags nicht im Vorgehen gegen Demonstranten sondern finde auf dem Revier statt. Weitergehende Überlegungen über die Rolle der Polizei, die Diskussion darüber, ob überhaupt eine demokratische Polizei denkbar ist, aber auch eine Auseinandersetzung mit Themen wie „Kriminalpolizei“ sollen auf einem nächsten, längeren bundesweiten Treffen der Gruppe, die sich den Namen „Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten und Polizistinnen“ gegeben hat, behandelt werden. Daß sich die neue Gruppe, die alle kritischen Beamten „gleich welcher politischen Richtung, auffordert sich der Bundesarbeitsgemeinschaft anzuschließen“, auch in aktuelle Konfrontationen zwischen Staat und Opposition einmischen will, zeigt eine Resolution, die zum Verbot der Bundeskonferenz der Anti– AKW–Gruppen in Nürnberg verabschiedet wurde. „Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Bonner Treffens bedauern, daß durch das Tagungsverbot demokratische Grundrechte aufs Neue ausgehöhlt worden sind.“ Ein Passus der begrüßte, daß es der Besonnenheit der AKW–Gegner zu verdanken sei, daß es trotz des massiven Polizeiaufgebotes friedlich blieb, war jedoch nicht mehrheitsfähig.