I N T E R V I E W Buthelezis „Inkatha ist eine tote Organisation“

■ Dr. Sibusiso Bhengu, heute in Genf lebender ehemaliger Generalsekretär der Inkatha–Bewegung des Chief des KwaZulu–Homelands, Buthelezi, kritisiert dessen Kollaboration mit dem südafrikanischen Apartheid–Regime

taz: Warum haben Sie Inkatha verlassen? Dr. Sibusiso Bhengu: Eines Tages bekamen wir ein Papier in die Hand, das besagte, daß die Regierung von KwaZulu mit einigen südafrikanischen Firmen und der südafrikanischen Regierung ein „KwaZulu–Entwicklungsabkommen“ mit einer Laufzeit von 20 Jahren abschließen wollte. Wir fragten uns, ob man Inkatha noch länger eine Befreiungsbewegung nennen könne, wenn sie akzeptierte, sich in diesem engen, repressiven Rahmen zu entwickeln, der von der „Homeland– Regierung“ gesetzt wird. Das führte zum offenen Streit mit Chief Buthelezi. Die Jugendorganisation und ich haben gefordert, daß Buthelezi sich entscheiden muß, ob er der Präsident einer Befreiungsbewegung sein will, die den sofortigen und wirklichen Wandel anstrebt oder ob er weitere 20 Jahre in diesem „Homeland“ bleiben will. Wie rekrutiert Inkatha seine Mitglieder? Ursprünglich war Inkatha eine Organisation von Freiwilligen. So hatten wir uns das bei der Gründung vorgestellt. Aber heute ist das anders. Heute muß jeder, der eine Stelle in der Verwaltung von KwaZulu haben will, der einen Laden eröffnen oder ein Geschäft betreiben will, die Inkatha–Uniform anziehen und das Inkatha–Abzeichen tragen. Für eine Erwerbsmöglichkeit, die die Menschen drin gend brauchen, müssen sie ihre Mitgliedschaft nachweisen. In den Schulen haben sie ein Unterrichtsfach „Inkatha“ eingerichtet. Auch Lehrer, die keine Inkatha–Mitglieder sind, werden dazu gezwungen, dieses Fach zu unterrichten. All dies zeigt, daß die Organisation Inkatha nichts mehr mit Freiwilligkeit zu tun hat, und zwar schon seit langem - nicht erst seit Inkatha mit der Gewalt und den Bedrohungen anfing. Heute laufen sie bei hellichtem Tag mit Knüppeln durch die Straßen der Städte von Natal und Zululand, verprügeln Leute und stecken ihre Häuser in Brand. Mein eigenes Haus wurde im September letzten Jahres durch Brandbomben zerstört. Wir gingen zur Polizei, um Anzeige zu erstatten, aber die Polizei weigerte sich, diese aufzunehmen, weil sie mit der Regierung von KwaZulu kollaboriert. Was steckt hinter den Anschlägen? Inkatha und Pretoria versuchen, die UDF zu zerstören, um die Leute auf ihre Seite zu ziehen. Aber unter uns: Inkatha ist eine tote Organisation. Ich besitze noch Briefe, die an mich geschrieben wurden, weil ich einmal Generalsekretär war. Darin werde ich aufgefordert, zurückzukehren und eine Abspaltung von Inkatha zu betreiben. Ich kenne Leute, die Mitglied bei Inkatha sind, obwohl sie erkannt haben, daß die Organisation nichts für den Befreiungskampf tut. Zur Mitgliedschaft gibt es noch etwas Wichtiges zu sagen: Chief Buthelezi hat der Weltöffentlichkeit mitgeteilt, daß Inkatha über eine Million Mitglieder verfügt. Es gibt aber sechs Millionen Zulus. Wenn ich als Zulu spreche, dann stehe ich zu den fünf Millionen Zulus, die Inkatha nicht unterstützen und auch gegen Pretoria sind. Inkatha wird auf keinen Fall von der Mehrheit unterstützt. Ich bezweifle selbst diese eine Million Mitglieder, aber lassen wir es dabei. Was ist aber mit den anderen fünf Millionen Zulus? Wie sieht es mit der finanziellen Situation der Inkatha aus? Bekommen sie ausländische Unterstützung? Darüber bin ich nicht mehr gut informiert. In der Bundesrepublik gibt es diese Gruppe um Hofmann (Offensive Junger Christen, Anm. d. Red.), die für Inkatha arbeitet und Geld sammelt. Das ist im Ausland die einzige Gruppe, die ich kenne. Doch zu Hause: die meisten Führer von Inkatha beziehen kein Gehalt, sondern werden von Pretoria bezahlt, da sie für das „Homeland“ arbeiten und damit gleichzeitig auch für Inkatha. Das Interview führte Ingrid Spiller (aus: EPD– Drucksache Nr. 5) Siehe auch Bericht Seite 2