Freispruch im malaysischen Rauschgiftprozeß

■ Gericht konnte nicht beweisen, daß Haschisch im Gepäck dem deutschen Angeklagten Förster gehörte / Todesstrafe in Malaysia wegen Drogenbesitzes bereits 40mal vollstreckt / Hunderte warten noch auf Prozeß / Drakonische Strafen statt sozialer Reformen

Kuala Lumpur (taz/afp/ap) - Der 24 Jahre alte Deutsche Frank Förster ist am Mittwoch von einem malaysischen Gericht von der Anklage des Rauschgiftbesitzes freigesprochen worden. Malaysia ahndet Verstöße gegen die entsprechenden Gesetze mit der Todesstrafe. Richter Edgar Joseph betonte in seinem Urteilsspruch, Förster habe nicht nachgewiesen werden können, daß die in seinem Gepäck gefundenen 239,7 Gramm Haschisch ihm auch ge hört hätten. Die Polizei hatte bei Förster in einem Hotel der malaysischen Stadt Georgetown am 20. November 1983 das in Kondomen verpackte Rauschgift entdeckt. Förster, der zusammen mit zwei Freunden nach Australien weiterreisen wollte, sagte vor Gericht aus, er habe von der Existenz des Haschischs nichts gewußt. Der Richter gelangte zu dem Freispruch auch ohne eine eidesstattliche Aussage der zwei Begleiter Försters. Die Aussagen der zwei Freunde waren in der letzten Woche von der Verteidigung besorgt und vom Gericht als Beweismitel zugelassen worden. Die Todesstrafe für Rauschgiftbesitz hat Malaysia 1975 eingeführt. 1983 wurde die Gesetzgebung verschärft. Seither wird der Besitz von mehr als 15 Gramm Heroin oder Opium, 200 Gramm Haschisch oder 1.000 Gramm Rohopium generell mit der Todesstrafe geahndet. Der Gnadenweg ist in Malaysia kein Rechtsweg. Das mußten als erste westliche Ausländer die beiden Australier, die am 7. Juli 1986 wegen des gemeinsamen Besitzes von 180 Gramm Heroin gehenkt wurden, erfahren. Gnadengesuche der britischen und australischen Regierung blieben damals erfolglos. Seit Verabschiedung der „Dangerous Drug Act“ sind 40 Menschen in Malaysia wegen Drogenhandels hingerichtet worden. 30 bereits Verurteilte sitzen gegenwärtig in den Todeszellen und weitere 600 potentielle Todeskandidaten warten, zum Teil seit mehreren Jahren, auf ihren Prozeß. Eine im Sommer 1986 angekündigte Gesetzesvorlage will darüber hinaus auf Drogenmißbrauch grundsätzlich die Stockade verhängen, eine Form der Prügelstrafe, die bleibende Narben hinterläßt. In Malaysia prägt der starke islamische Einfluß die harte und unnachgiebige Gesetzgebung. Drogenmißbrauch gilt als „Staatsfeind Nummer eins“, denn gut eine halbe Million Menschen - bei ca. 15 Millionen Einwohnern - greift nach Schätzungen der malaysischen Narkoticabehörde regelmäßig zu Opium, Heroin und anderen Rauschmitteln. Mehr als 80.000 Drogenabhängige sind offiziell bei der Behörde registriert, und täglich verhaftet die „Anti–Narcotic–Task–Force“ der Polizei neue Delinquenten, darunter im Schnitt einen Aspiranten für die Todesstrafe. PEMADAM, die zentrale Organisation für die Rehabilitierung von Opiatsüchtigen, betreibt landesweit sechs gefängnisartige Einrichtungen für die Entziehung von Abhängigen. Das Entzugsprogramm ist genauso einfach wie hart: „Cold Turkey“, eine totale Nulldiät, gepaart mit streng militärischem Drill. Mehr als Dreiviertel werden rückfällig. Die Ursache des massiven Drogenproblems sehen viele malaysische Politiker in der importierten westlichen Kultur, die nach ihrer Einschätzung zu Dekadenz und Orientierungslosigkeit führt. Über Jugendarbeitslosigkeit, Landflucht, die nahezu immer in den Slumgebieten der Ballungsräume endet und die verfehlte Sozialpolitik redet man weniger gern. Die malaysischen Gefängnisse füllen sich mit Drogenabhängigen und Kleindealern. Schon jetzt sind 40 Prozent aller Insassen von Haftanstalten Drogentäter. Im Großraum von Kuala Lumpur werden gar 70 Prozent aller Kriminalfälle als Beschaffungsstraftaten ausgewiesen. Walter Saller