Offenes Kirchenwort

■ Konfrontation um Abschiebungen in den Libanon

Berlins Innensenatoren scheinen seit jeher die Qualifikationsmerkmale „notorische Unbelehrbarkeit“ und „bösartiger Zynismus“ mitbringen zu müssen. Anders ist kaum zu erklären, daß nun auch Wilhelm Kewenig mit den Abschiebungen in den Libanon den Vorreiter in der Ausländerpolitik spielen will. Da können täglich Tagesschau–Bilder aus Beirut von Autobomben getötete Menschen zeigen, da können Flüchtlingslager zerbombt werden - für Innensenator Kewenig ist der Libanon weiterhin „ein Mittelmeerland wie jedes andere auch“, in das man jederzeit Menschen zurückverfrachten kann. Informationen über die Lage im Libanon haben den Senator nicht beirrt, Proteste von Flüchtlingsgruppen und AL waren für ihn bestenfalls Anlaß für Diffamierungen. Jetzt mußte der ehemalige Berliner Landesbischof Kurt Scharf kommen, um öffentlich deutlich zu machen, daß es auch noch ein anderes Gesetz gibt als das von maßgeschneiderten Schnöseln auf Senatorensesseln. Mit aller Deutlichkeit hat Scharf am Mittwoch - stellvertretend sicher für viele Kirchengemeinden - erklärt, daß man eine Verletzung der staatlichen Ordnung nicht scheuen werde, wenn es um das Leben der Flüchtlinge geht. Auch von diesen Worten aus kirchlichem Mund wird sich der christlich–demokratische Innensenator wahrscheinlich nicht belehren lassen. Doch wenn Berlin weiterhin Flüchtlinge in Krisengebiete abschiebt, werden sich die Regierenden mit der Kirche in harten Konflikt begeben müssen. Und das ist gut so, denn „unser“ Asylproblem ist nicht das Problem der Asylsuchenden, sondern ein innenpolitischer Konflikt und der gehört nicht nach Beirut oder Colombo. Vera Gaserow