U–Boot–Vertrag bleibt vertraulich

■ U–Boot–Untersuchungsausschuß ergibt: Der Vertrag über das U–Boot wird den Abgeordneten vorenthalten Außenminister Genscher wurde bereits 1983 eingeweiht / Hat Bundeskanzleramt doch alles gedeckt?

Aus Bonn Ursel Sieber

Außenminister Genscher ist durch ein Schreiben, das der damalige CSU–Abgeordnete Siegfried Zoglmann als Lobbyist für das U– Boot–Geschäft mit Südafrika am 7. 11. 1983 an Verteidigungsminister Wörner „persönlich“ sandte und das jetzt bekannt wurde, erneut ins Zwielicht geraten. Wie Zoglmann Wörner mitteilte, wurde Genscher bereits im Herbst 1983 über den geplanten U– Boot–Deal der Firmen Howaldtwerke Deutsche Werft AG und Ingenieurkontor Lübeck informiert. Auch über das Memorandum mit der Aufschrift „IK 57“, in dem die Firmen u.a. darlegten, daß „die Unterlagen (...) als Mikrofilme im Diplomatengepäck über die Grenze“ gehen sollten, habe Genscher erhalten. Wörtlich schrieb Zoglmann: „Wie ich Ihnen sagte, habe ich mit Herrn Genscher mehrfach über das Vorhaben gesprochen; er ist ebenfalls im Besitz dieses Memos. Seine Einstellung war offen bis positiv. Er erwartet jetzt, daß Sie ihn ansprechen.“ Auch Wörner hat mit dem Brief Zoglmanns dieses Memorandum als „Anlage“ erhalten. Das Auswärtige Amt ließ diese Darstellung gestern erneut dementieren. Ein Sprecher sagte, Zoglmann sei „ein Lobbyist“ und „in dieser Frage unglaubwürdig“. Ein Beamter aus dem Wirtschaftsministerium, Dr. Scheid, hat gestern als erster Zeuge ausgesagt, ihm habe „ein Vertrag“ zwischen HDW und IKL mit südafrikanischen Firmen „vorgelegen“. Scheid hatte als Sachverständiger mit einem Beamten des Verteidigungsministeriums bei IKL geprüft, ob durch den Blaupausen– Verkauf militärische Geheimnisse verletzt worden sind. Aber weitere Fragen wollte Scheid wie auch der Beamte aus dem Verteidigungsministerium, Helmut Drehr, nur noch unter Ausschluß der Öffentlichkeit beantworten. Aus Bemerkungen des Ausschußvorsitzenden Penner (SPD) ging später hervor, daß sich der Vertrag zwar im Verteidigungsministerium befindet, aus Rücksicht gegenüber den Firmen allerdings nicht zu den Akten gelegt wurde, der an die Abgeordneten ging. Im nicht–öffentlichen Teil der Ausschußsitzung soll Drehr erklärt haben, er habe den Vertrag zu seinen persönlichen Unterlagen genommen. Die Grünen–Abgeordnete Uschi Eid sagte, es sei „skandalös“, daß sich der Vertrag zwar im „Privatbesitz“ des Ministerialrats Drehr, aber nicht in den offiziellen Akten befinde. Nach dem SPD–Abgeordneten Norbert Gansel wurde der Vertrag auch dem Generalbundesanwalt nicht weitergegen. Dadurch, daß der Vertrag über das U–Boot–Geschäft den Abgeordneten vorenthalten werde, „nährt sich der Verdacht, daß der Vertrag erfüllt wurde und auch U–Boot–Teile geliefert worden sind“, so Uschi Eid. Der Präsident der Oberfinanzdirektion sagte gestern, besagten Vertrag habe er erst am Mittwoch erhalten. Norbert Gansel sagte abschließend, Aktenlage und bisherige Zeugenvernehmung hätten ergeben, daß insbesondere das Kanzleramt stärker in die U–Boot–Affaire verstrickt ist „als ursprünglich zugegeben“. Die Anzeichen hätten sich verdichtet, wonach das Geschäft vom Kanzleramt „gedeckt“ worden sei.