KPdSU diskutiert über neue Kader

■ Lange verschobenes Plenum des ZK von Gorbatschow für Dienstag einberufen / Personalentscheidungen erwartet

Berlin (taz) - Das in Moskau mit Spannung erwartete Plenum des Zentralkomitees (ZK), des höchsten Entscheidungsgremiums der KPdSU, soll, nachdem es mehrmals verschoben wurde, nun endlich am kommenden Dienstag stattfinden. Parteichef Gorbatschow brach mit der öffentlichen Ankündigung des Plenums am Freitag mit einer Tradition in der Partei: Bisher trat das Gremium zweimal jährlich zusammen, ohne die Öffentlichkeit vorher zu informieren. Nicht nur dieser Umstand nährt Spekulationen über bevorstehende wichtige Personalentscheidungen, die seit Wochen in der sowjetischen Hauptstadt umlaufen. Für manche Beobachter wurden durch die Verschiebung des Plenums des ZK Richtungskämpfe in den höchsten Führungsgremien der Partei deutlich, zumal schon im September in der theoretischen Zeitung Kommunist angedeutet wurde, daß das nächste Plenum sich mit der „Kaderpolitik“ auseinander–setzen werde. Die mehrmalige Verschiebung des Plenums wird nun so interpretiert, daß Gorbatschow bislang noch keine sichere Mehrheit für seine Personalpolitik hinter sich hatte und deshalb erst gute Stimmung für seine Vorschläge schaffen mußte. Andere Beobachter weisen darauf hin, daß die Verschiebung des Plenums des ZK in Jahren der Parteitage ( der letzte fand im Februar 1986 statt) nicht so ungewöhnlich sei, denn auch 1981, 1976 und 1971 wurden die Regeln durchbrochen. Nicht zu übersehen ist aber, daß die von Demonstrationen begleitete Ablösung des kasachischen Parteichefs Kunajew sowie die Wirtschaftsreform zu erheblichen Widerständen im Apparat geführt haben. Und die zu überwinden, ist für Gorbatschow nur durch eine „Erneuerung der Kader“ und durch eine eindeutige Mehrheit im Zentralkomitee zu erreichen. Der Parteichef verband seine Ankündigung des ZK–Plenums zudem mit der Forderung nach mehr Entscheidungsfreude der Kader und nach mehr direkten Beratungen mit der Bevölkerung. er