I N T E R V I E W „Aquino ist von Landlords umgeben“

■ Jimmy Tadeo von der linken Bauernorganisation KMP über Proteste und die Reaktion der Regierung

taz: Welche Aktionen sind von Ihrer Seite nach dem Massaker auf der Mendiolabrücke geplant? Tadeo: A werden dort simultan Kundgebungen durchführen. Dies wird der Auftakt für mehrtägige Massenaktionen sein, die bis zum 30. Januar andauern und zu einem Generalstreik führen sollen. Wie können Bauern streiken? Sollen die Märkte nicht mehr beliefert werden? Diese Kampfformen studieren wir noch, auf unserem Treffen am Samstag abend haben wir beschlossen, daß Landbesetzungen in nächster Zeit absolute Priorität haben. Die KMP wird alle Ländereien von Marcos– Günstlingen, alles von den Banken wegen Überschuldung gepfändete Land und verlassene sowie brachliegende Landgüter in Besitz nehmen. Wir müssen das tun, weil es der Regierung offensichtlich an politischem Willen mangelt, eine tiefgreifende Agrarreform durchzuführen. Was versteht die KMP darunter? Die Punkte, die ich gerade erwähnt habe, sind unser Minimalprogramm. Dazu gehört ferner das Ende aller Tilgungszahlungen für Ländereien, die unter der sogenannten Marcosschen Agrarreform vergeben wurden, und eine Senkung der Pachtraten. In der zweiten Phase würden alle größeren Landgüter von der Agrarreform betroffen, in der dritten Phase auch die Multis. Aber zur Zeit klagen wir nur das Minimalprogramm ein. Wie hat die Regierung bisher reagiert? Sowohl Aquino als auch der Agrarreformminister haben verschiedentlich versprochen, die Landreform auszuweiten, aber es ist nichts geschehen, und auch die neue Verfassung gibt uns in dieser Hinsicht keine Garantien. Wie erklären Sie sich das? Aquino ist von einem Kordon von Landlords und Geschäftsleuten umgeben. Erst jetzt dringen Kirchenführer zu ihr durch und informieren sie über die Lage im Land. Dabei wäre es so einfach. Sie hätte nur mit uns reden müssen. An Aktionen hat es nicht gefehlt. Wir haben eine Woche vor dem Ministerium kampiert. Wenige Stunden vor dem Massaker haben Sie Agrarreformminister Alvarez öffentlich einen Lügner genannt... Er versucht uns kalten Kaffee zu verkaufen, aber ich kenne die alten Programme. Ich habe mich während meiner Zeit im landwirtschaftlichen Beratungsdienst unter Marcos jahrelang damit herumgeschlagen. Als wir Mitte Januar einen Termin mit ihm vereinbart haben, ist er mittags nach Hause gegangen. Ich erinnere mich noch an die Versprechen von Aquino. Sie wollte den Malacanang–Palast für das Volk öffnen und die kleinen Leute konsultieren. Ist das Massaker ein Indiz für einen Destabilisierungsplan des Militärs? Ja, das Militär agiert absolut unabhängig, seit dem Rausschmiß von Enrile hat es keine Veränderung gegeben. Was wir jetzt beobachten, ist die Fortsetzung des im November entdeckten Planes „God save the Queen“ (der die Installierung einer militärisch–zivilen Junta vorsah) mit anderen Mitteln. Generalstabschef Ramos hat sich für Ihre Verhaftung stark gemacht, die Führer der Guerillafrontorganisation NDF sind wieder im Untergrund. Fühlen Sie sich sicher? Ich riskiere mein Leben. Aber heißt es nicht schon in der Bibel: Du sollst dein Kreuz tragen? Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Wir möchten der Totenmesse für die Opfer beiwohnen. Interview: Nina Boschmann