In NRW bleibt es beim Rau–Kurs

■ Johannes Rau will nicht Nachfolger von Brandt werden / Farthmann: Landes– und Bundestrend nie zuvor so unterschiedlich / Stehende Ovationen für Rau / NRW–Genossen pochen auf neue Gewichtung in der Partei

Von Jakob Sonnenschein

Düsseldorf (taz) - Der nordrheinwestfälische Ministerpräsident Johannes Rau hat am Montag in Bonn erklärt, er wolle nicht Nachfolger von Willy Brandt werden. Vor dem Parteivorstand sagte der geschlagene Kandidat zur Überraschung seiner NRW– Genossen, er wolle lediglich einer der Stellvertreter bleiben und sich ansonsten ganz auf seine Aufgabe als Ministerpräsident in Düsseldorf konzentrieren. Zumindest in NRW hat Rau die Wahl politisch unbeschadet überstanden. Mit stehenden Ovationen wurde Rau am Montag morgen von seinen Fraktionskollegen im Düsseldorfer Landtag begrüßt. Rau sagte, die SPD habe sich in NRW „prima gehalten“. Es habe sich gezeigt, daß die Partei da zulegen könne, wo sie „Bodenhaftung hat und auch behält“. Bundesweit „stehe und falle“ die SPD „mit der Regierungsfähigkeit in NRW“. Die nordrheinwestfälische SPD sieht in dem knappen Zuwachs - plus 0,4 43,2 ein Fraktionsmitglied, sich auch „personell in der zukünftigen SPD–Führung in Bonn niederschlagen muß“. Umso überraschender kam Raus Verzichtserklärung. In der Fraktionsvorstandssitzung hatte der Fraktionsvorsitzende Friedhelm Farthmann schon am frühen Montagmorgen eine „schnelle Lösung für den Parteivorsitz“ gefordert. Gleichzeitig bezeichnete Farthmann es als „Unsinn“, die vakante Position des Schatzmeisters, die die Bonner SPD–Baracke noch in dieser Woche vergeben wollte, schon jetzt zu besetzen. Auch die Nachfolge für den Bundesgeschäftsführer - Glotz will wie angekündigt zurücktreten - möchte Farthmann bis zur Entscheidung über den zukünftigen Vorsitzenden offen halten. Farthmann, der bis zur Verkündung des Rau–Verzichts in NRW selbst als Glotz–Nachfolger gehandelt worden war, sagte, die SPD hätte zwar „kein gutes Ergebnis“ erreicht, aber es sei Rau gewesen, „der die Lage für die SPD nach Hamburg stabilisiert hat“. Neben der relativ guten Grundstimmung für die Koalition, gegen die man nicht angekommen sei, machte Farthmann die Neue–Heimat–Affäre und die internen Querelen um Wahlkampfkonzept und Parteivorsitznachfolge kurz vor der Wahl für das Ergebnis verantwortlich. Während Oskar Lafontaine in Bonn die Wahlaussage der SPD bezüglich der Grünen als „falsch“ bezeichnete, äußerte sich in Düsseldorf zu diesem Punkt niemand. Die Düsseldorfer Genossen glauben, daß das Ergebnis in NRW nicht trotz, sondern wegen der klaren Absage an die Grünen noch einigermaßen „leidlich“ ausgefallen ist. Demgegenüber verlangte der Bundesvorsitzende der Jusos, Michael Guggomos, gegenüber der taz, die inhaltlichen Übereinstimmungen mit den Grünen zu nutzen und gegebenenfalls „mit den Grünen zusammenzuarbeiten“. Biedenkopf geschwächt Noch am frühen Sonntagabend hatte der nordrheinwestfälische CDU–Vorsitzende Kurt Biedenkopf das Wahlergebnis als Anfangsdatum „zur Erreichung einer strukturellen Mehrheit in NRW“ bezeichnet und sich gefreut, daß die Verluste im Trend lägen. Das war offenbar ein wenig voreilig, denn die CDU ist in NRW um 5,1)auf 40,1% (44,3) zurückgefallen. Wie der CDU–Chef angesichts dieser Zahlen davon sprechen konnte, die Landtagswahlschlappe vom Mai 1985 sei „ausgemerzt“ worden, vermochten selbst Parteifreunde nicht zu erklären. Biedenkopfs Stellvertreter, Dieter Pützhofen, hatte dem quicken Professor schon am Sonntag widersprochen und gesagt, es fehle der Partei nach wie vor an „einerstrukturellen Mehrheit“.