Keine Regierungsumbildung in Sicht

■ FDP verzichtet trotz des Wahlerfolgs auf zusätzliche Ministerposten / CDU grübelt noch

Einen Tag nach der Wahl wird im Regierungslager vorzugsweise gemauert. Personelle Fragen, so die Sprachregelung für die Öffentlichkeit, stünden erst am Ende der Koalitionsverhandlungen an, nachdem die angeblic - noch will niemand an Kohl heran -, doch die parteiinternen Kritiker sitzen in den Startlöchern.

Ob der Bundeskanzler auch persönlich für das schlechteste Wahlergebnis der Union seit 1949 verantwortlich gemacht werde? Auf diese Frage erhält man im Konrad– Adenauer–Haus bestenfalls ausweichende, zumeist aber äußerst unwirsche Antworten. Daß der Wahlkampf 1987 stark auf die Person Helmut Kohls zugeschnitten war verdrängen die Anhänger des Kanzlers derzeit gerne - die Gegner scheinen sich die Munition für die zu erwartenden unionsinternen Auseinandersetzungen aufzuheben. Die Position der Stärke, die sich Kohl in den letzten Monaten erarbeitet hatte, muß er jetzt, das wurde auf der ersten Pressekonferenz gestern deutlich, verteidig Stellenwert bei als den innen– und außenpolitischen Querelen zwi schen den „kleineren Koalitionspartnern“ (der CSU und der FDP also). Damit versucht Kohl, seine Person aus dem Schußfeld zu rücken, denn daß es keine absolute Mehrheit geben wird, hat er ebenso häufig betont wie die Tatsache, daß die Wahl erst am Wahlabend entschien werde - in die Auseinandersetzungen zwischen FDP und CSU dagegen hat er sich kaum eingeschaltet. Gegen Kritik aus den eigenen Reihen baute Kohl auch mit einer anderen, auf das schlechte CDU– Abschneiden in Baden–Württemberg gemünzten Feststellung vor: Es habe sich gezeigt, daß wirtschaftliche Erfolge in CDU–regierten Regionen nicht mit guten Wahlergebnissen korrespondierten. Konsequenzen für die Ausrichtung der Unionspolitik wird kurzfristig aber vor allem die geringe Wahlbeteiligung haben. Daß hier nicht nur die widrigen Witterungsverhältnisse eine Rolle spielen, mußte Kohl selbst eingestehen. Welche Wählergruppen der CDU einen Denkzettel verpassen wollten, ob es sich hier tatsächlich um den in den letzten Wochen oft zum Thema gemachten „rechten Rand“ handelt, ist aufgrund der derzeitigen Analysen noch nicht eindeutig feststellbar. Davon wird aber abhängen, wie groß die Zugeständnisse sind, die die CDU im außen– und deutschlandpolitischen Bereich gegenüber der selbstbewußteren FDP machen kann beziehungsweise, wie stark die Position des Stahlhelmflügels und der CSU, trotz ihrer Stimmenverluste, in der nächsten Fraktion sein wird. Daß bei den bisherigen Kontakten zwischen CSU–Chef Strauß und dem Kanzler dessen Kritik am CSU–FDP Streit nicht thematisiert worden ist und Kohl die Schuld an diesem Streit beiden Partnern gleichermaßen zuschreibt, deutet darauf hin, daß hier Richtungsentscheidungen noch nicht getroffen worden sind. Nach dem Strauß–Kohl–Treffen am Mittwoch wird mehr Klarheit herrschen. Oliver Tolmein