: Hessens Mediengesetz vor Verabschiedung
■ Börner brach bei Landtagsrede zusammen / Gesetz zur Verbreitung von Satellitenprogrammen vor Verabschiedung
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Der hessische Ministerpräsident Holger Börner (55) brach gestern im hessischen Landtag mitten in seiner Rede zum Regierungsentwurf für ein Gesetz über die Weiterverbreitung von Satelliten– Programmen zusammen. Er wurde in ein Wiesbadener Krankenhaus gebracht. Die erste Diagnose lautete: Schwächeanfall. Landtagsvizepräsident Ernst unterbrach daraufhin die Sitzung, die erneut Zündstoff für die rot– grüne Regierungskoalition barg. Ministerpräsident Börner beabsichtigte - zur Not auch mit den Stimmen der Opposition - das Gesetz verabschieden zu lassen. Der bis zu seinem Schwächeanfall von Börner selbst vorgestellte Entwurf sieht die Einrichtung eines staatsunabhängigen Rundfunkausschusses vor, dessen Mitglieder vom Landtag gewählt werden sollen. Dieser Rundfunkausschuß soll gewährleisten, daß die vorgesehenen Programme privater Anbieter nicht gegen Rechtsgrundsätze verstoßen. Der Entwurf sieht weiter vor, daß in den Programmen Werbung auch an Sonntagen, jedoch erst ab 18 Uhr, zulässig sein soll, wogegen sich die Grünen ausgesprochen hatten. Börner begründete seinen Sinneswandel in Sachen Sonntagswerbung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom 4.11.86, in dem die Länder aufgefordert worden seien, ihre Weiterverbreitungsvorschriften einander anzupassen. Der Ministerpräsident richtete an die Fraktion der Grünen den dringenden Appell, diesem Gesetzentwurf „im Hinblick auf das Grundrecht der Informationsfreiheit“ zuzustimmen. Einen Änderungsantrag zum Weiterverbreitungsgesetz durch die Grünen, der ein generelles Werbeverbot nach 20 Uhr vorsieht und der sich strikt gegen die sogenannte „Unterbrecherwerbung“ wendet, hatten die anderen schon im Hauptausschuß verworfen. Sollte es trotz der Erkrankung von Ministerpräsident Holger Börner noch zu einer Verabschiedung des Regierungsentwurfs gekommen sein, wäre mit diesem Beschluß die letzte Bastion gegen die Weiterverbreitung privater Rundfunkanbieter gefallen.
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