Kanonen statt Butter

■ Zur Internationalen Wehrkundetagung in München

Jahrzehntelang wurden sie als Retter und Beschützer des „freien“ Teils Europas gefeiert. Die Tatsache hingegen, daß die USA auch nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Truppen stationiert ließen, Europa zu einem willfährigen Helfer bei ihren militärischen und ökonomischen Eskapaden zu machen, wurde ignoriert. Auf der Wehrkundetagung machten US–Vertreter jetzt klar, um was es geht: entweder öffnen die Verbündeten ihrer bankrotten Führungsmacht die Märkte und helfen so, die enorme Auslandsverschuldung abzubauen, oder die USA ziehen ein Drittel ihrer Truppen ab und überlassen die Westeuropäer der „roten Gefahr“. Die alte Forderung von ultra–rechten US–Politikern an ihre Regierung, einen Teil der in Europa stationierten Truppen abzuziehen, um die Europäer dazu zu zwingen, mehr für ihre eigene „Verteidigung“ zu tun, gewinnt seit einiger Zeit in den USA an Popularität. Vor allem, seitdem die Demokraten wieder beide Häuser des Kongresses kontrollieren, scheint der Widerstand der „Atlantisten“ in den USA geschwächt. Jetzt soll der militärische Machtapparat seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt: Ausschaltung der ökonomischen Konkurrenz. Die westeuropäischen Regierungen trifft diese Wende nicht unvorbereitet. Jahrelang beklagte sich die heimische Rüstungsindustrie über den großen Handelsvorteil der USA. Bonn wird sich dem Druck der Rüstungslobby und der USA beugen und verstärkt konventionell aufrüsten. Zur Finanzierung greift man vielleicht sogar den Vorschlag von US–Botschafter Burt auf und wenden ein Drittel der EG–Agrarsubventionen für die konventionelle Aufrüstung auf. Ob die europäischen Bauern die Alternative „Kanonen statt Butter“ so hinnehmen werden wie ihre gebeutelten Kollegen in den USA, ist jedoch fraglich. Michael Fischer