Baghwan radikal?

■ Das politische Engagement Baghwans und der unerwartete Mitgliederzuwachs der Radikalen Partei

Rom (taz) - Monatelang hatte Italiens winzige Radikale Partei gedroht, sich aufzulösen, wenn sie nicht bis zum 31. Januar 15.000 Mitglieder bekommt. Jetzt sind die 15.000 erreicht - doch nun, wie es scheint, sind es plötzlich zu viele. Mit Bangen vernahmen die Radikalen Kunde von merkwürdigen Neuzugängen allerorten: Gewandet in orangefarbige Kaftans, mitunter nicht einmal des Italienischen mächtig, begehrten sie zu Hunderten Einlaß in die Partei. Guru Baghwan, wie sich herausstellte, hatte seine Gefolgsleute angewiesen, sich der Radikalen zu erbarmen und durch den Erwerb des Parteiausweises das Überleben der Gruppe zu sichern. Vielleicht, wie Negri und die Führungsspitze fürchten, aus nicht ganz uneigennützigen Gründen: Der Guru, seit geraumer Zeit auf der Flucht vor allerlei Steuer– und sonstigen Strafbehörden, begehrt Einlaß nach Italien, und der wird ihm standhaft verweigert. Die Radikalen, „Garantisten“ und unübertroffene Verteidiger der Menschenrechte, sehen das Dilemma: „Ich rieche den Gestank der Verfolgung“, brummt Gianfranco Spadaccia von der Parlamentsfraktion, „und ich verteidige das Recht des Gurus, in Italien aufzutreten.“ Doch wie es scheint, möchte der Guru nicht nur auftreten - gelingt es ihm, seine 7.000 italienischen und gut 20.000 anderen westeuropäischen Jünger in die Partei zu hieven, so haben sie die Mehrheit auf jedem Parteikongreß - und da wird selbst eingefleischten Radikalen wie Massimo Teordori oder Giovanni Negri schwarz (besser: orange) vor Augen. Der einzige, der keine Angst zeigt, ist Radikalen–Altmeister Pannella: „Wäre doch gelacht“, meint er, „wenn mich da irgendsoein Baghwan einschüchtern könnte.“ In der Tat - wer der bessere Guru ist, müßte sich erst noch herausstellen. Vielleicht steht der Baghwan am Ende ohne Gefolgsleute da, die Radikalen sind auf 30.000 angewachsen und Pannella trägt Orange. Werner Raith