Teile der Molke bereits in Ägypten

■ Windige Firmen wollten sich mit Molke sanieren / Erstmals reagiert der Bundesumweltminister / Kriminalpolizei sucht die Firma Lopex auf / SPD fordert angemesene Beseitigung

Berlin/Bremen (dpa/taz) - In der ägyptischen Hafenstadt Alexandria sollen erhebliche Mengen radionuklidgeschädigter Produkte aus der Bundesrepublik lagern. Hinweise darauf waren am Dienstag bei Bundesumweltminister Walter Wallmann eingegangen. Damit nimmt der Skandal um die in Bremen und Köln auf die Verladung für den Export nach Ägypten wartende hochkontaminierte Molke die nächste Runde. „Das geht so nicht weiter“, empörte sich der Umweltminister, dessen Amt sich in der letzten Woche noch für unzuständig erklärte. Jetzt will Wallmann versuchen, Aufklärung darüber zu bekommen, ob der Bund für den Verdienstausfall durch die verseuchten Agrarprodukte bereits eine Entschädigung gezahlt hat. Im Fall der 5.000 Tonnen Molkepulver aus dem Milchverarbeitungswerk „Meggle“ in Wasserburg am Inn waren bereits 3,8 Millionen DM aus der Staatskasse in den bayerischen Betrieb geflossen. Das Bayerische Landwirtschaftsministerium hatte der Molkerei „Meggle“ eine Exportgenehmigung für die Molke erteilt. Der Molkereigeschäftsführer Dr. Nemitz erklärte, mit dieser Genehmigung sei ein Teil der 4.800 Tonnen des Pulvers, das der Betrieb auf Drängen der Landesregierung in den Wochen nach Tschernobyl aus dem ganzen ostbayerischen Raum angenommen hatte, ordnungsgemäß an die Exportfirma „Lopex“ in Gießen verkauft worden. Die Molkerei wollte das Pulver, für daß sich niemand zuständig fühlte, loswerden. Damit war das Pulver der freien Marktwirtschaft überlassen. Mehrere Konkursfirma schienen sich mit dem Molke–Deal sanieren zu wollen. Bayern will die 3.000 Tonnen strahlenbelasteten Molkepulvers nicht zurücknehmen. Umweltminister Alfred Dick erklärte, der Verkauf des Molkepulvers „von privat an privat begründet keinen Handlungsbedarf für die Öffentliche Hand. Die jetzige Besitzerin des“Wirtschaftsgutes“ kontaminierte Molke, die Lindener Wohnzimmerfirma „Lopex“ bei Gießen, befindet sich nach Auskunft eines Justizsprechers nach einem mangels Masse abgelehnten Konkursantrag seit 1985 in Liquidation. Auf Antrag der Bremer Umweltpolizei haben Kriminalbeamte in Gießen die Frau des abwesenden „Lopex“ Geschäftsführers Rolf Sprang aufgesucht. Das Bundesumweltministerium hat inwischen erste Gesprächstermine zur Lösung des Skandalfalls mit den beteiligten Firmen und Bundesländern vereinbart. Am Donnerstag werden Vertreter des Milchwerks „Meggle“ und des Käufers, die Exportfirma Lopex, in Bonn erwartet. Für Freitag sind Gespräche mit Behördenvertretern aus Bayern, Bremen und Nordrhein–Westfalen vorgesehen. Um den Sachstand zu ermitteln, kamen am Dienstag Experten der beteiligten Bundesressorts Umwelt, Landwirtschaft, Verkehr und Gesundheit zusammen. Der SPD–Obmann im Umweltausschuß, Harald Schäfer, hat unterdessen Umweltminister Walter Wallmann aufgefordert, das Molkepulver als „radioaktiven Müll“ zu behandeln und entsprechend beseitigen zu lassen. k.k.