Galinski empört über Anzeige

■ Letzter Teilnehmer an der Wannsee–Konferenz gestorben / Todesanzeige der Familie sorgt für Entrüstung

Ulm/Berlin (ap) - Empört hat sich der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Heinz Galinski, über die Anzeige geäußert, die nach dem Tode des letzten Teilnehmers der berüchtigten Wannsee–Konferenz erschienen ist (siehe Ausriß). Der Rechtsanwalt Gerhard Klopfer, der einst als Vertreter der Parteikanzlei Adolf Hitlers an den Beratungen über die „Endlösung der Judenfrage“ teilgenommen hatte, war vor einigen Tagen in Ulm gestorben. In der Montagausgabe der Ulmer Südwest–Presse veröffentlichte die Familie des Juristen, der am 18. Februar 82 Jahre alt geworden wäre, eine Todesanzeige, in der es hieß: „... nach einem erfüllten Leben zum Wohle aller, die in seinem Einflußbereich waren.“ Der aus Schlesien stammende damalige SS–Oberführer Klopfer war nach einer steilen Karriere im nationalsozialistischen Regime Staatssekretär in der von Martin Bormann geleiteten Parteikanzlei geworden. Am 20. Januar 1942 war er einer von insgesamt 15 Teil nehmern an der Konferenz in der Villa am Großen Wannsee 56/58 in Berlin, in der Reinhard Heydrich vom Reichssicherheitshauptamt die Pläne für die Ermordung von Millionen Juden in Europa darlegte. Nach dem Kriege wurde Klopfer entnazifiziert und ließ sich in Ulm nieder, wo er als Rechtsanwalt zugelassen wurde. Als „empörend“ bezeichnete nun Galinski die Würdigung Klopfers in der Todesanzeige. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, ein Überlebender des Konzentrationslagers Auschwitz, sagte der AP, der Wortlaut dieser Anzeige sei umso empörender, als erst im letzten Monat in Berlin der 45. Jahrestag der Wannsee–Konferenz begangen worden sei.