Eine Eisenbahnlinie wird zum Druckmittel

■ Südafrika will Botswana zur Anerkennung des Homelands Bophutatswana zwingen / Visapflicht für Bürger aus Botswana und Zimbabwe, die über das Homeland einreisen / Wirtschaftliche Abhängigkeit Botswanas wird politisch ausgeschlachtet

Von Hans Brandt

Ramatlabama (taz) - „Dies ist Bophuthatswana Territorium. Sie haben keine Recht, hier zu sein!“ Mit rot angelaufenen Augen schnauzt mich der Offizier an. Seine Kollegen, einige bewaffnet, stehen wütend vor mir. Wir sind im Niemandsland zwischen Botswana und dem „unabhängigen“ südafrikanischen Homeland Bophuthatswana. Beschwichtigend gebe ich klein bei und gehe zurück nach Botswana. An den Zug aus Zimbabwe, der im Hintergrund steht, werden sie mich ohnehin nicht heranlassen. Er ist ein Testfall: Wird das Ho meland auf Befehl des Apartheidregimes den Zug durchlassen, oder werden die neuen Bestimmungen angewandt werden? Seit dem gestrigen Montag benötigen nämlich auch die Bürger Zimbabwes ein Visum für das Homeland. Das ist die jüngste Schikane in einem diplomatischen Kleinkrieg, mit dem Südafrika seit Anfang Januar den Nachbarstaaten das Leben schwer macht. Botswanas Bürger benötigen für Südafrika kein Visum, doch seit Januar müssen sie sich um ein Visum für das „unabhängige“ Homeland bewerben, das bei fast jeder Grenzüberschreitung durchquert werden muß. Mit allen Mitteln versucht Bophuthatswana seit einiger Zeit, von Botswana als „unabhängig“ anerkannt zu werden. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht der Bahnverkehr zwischen den beiden Gebieten. Sie mag unscheinbar erscheinen, diese altmodische Bahn mit den holzvertäfelten Waggons aus vergangenen Zeiten. Doch über diese einzige Bahnverbindung zwischen Botswana und Südafrika laufen fast alle Im– und Exporte des Binnenlandes. Bis Ende letzten Jahres wurde die Bahnlinie noch von der zimbabwischen Eisenbahn betrieben - ein Erbe aus den Zeiten englischer Kolonialherrschaft. Anfang des Jahres wollte Botswana die Bahn übernehmen, das zimbabwische Personal mit eigenen Leuten ersetzen. Da sah das Homeland eine Chance, Druck auszuüben. Lucas Mangope, selbstherrlicher Homeland–Präsident, forderte von Botswana die Zulassung einer Homelandvertretung im Nachbarland. Andernfalls würde seine Regierung für Botswanas Bürger die Visumspflicht einführen und das Zugpersonal würde keine Visa bekommen. Botswana weigerte sich. Einige Tage stand der Zugverkehr still, war das Land fast blockiert. Dann wurde die Übernahme der Bahn vorläufig suspendiert, das zimbabwische Personal wurde erneut eingesetzt. Doch mit der Einführung der Visumspflicht für Leute aus Zimbabwe ist auch dieser Ausweg unmöglich geworden. Inzwischen hat sich Südafrika eingeschaltet. Als gütiger Vermittler hat Pretoria angeboten, mit südafrikanischem Personal und Lokomotiven die Züge an der Grenze abzuholen. Letzte Einzelheiten sollen geklärt werden, wenn Pretorias Außenminister Pik Botha am kommenden Freitag in Gaberone, der Hauptstadt Botswanas, mit der dortigen Regierung verhandelt. Für Botswana sind damit allerdings erhebliche Kosten verbunden. Neue Rangiergleise müssen an der Grenze gebaut werden. Daß der Zug nach langem Warten dann doch passieren kann, macht deutlich, daß Botswana sich dem Druck aus Pretoria gebeugt und das Homeland ein Stück weit anerkannt hat. Stillschweigend wurden die Bürger angewiesen, Visa für Bophuthatswana zu beantragen. Zwar gibt es noch Grenzübergänge, die direkt nach Südafrika führen. Doch die sind nur über große Umwege zu erreichen. Niemand glaubt allerdings, daß Bophuthatswana hier „unabhängig“ vorgegangen ist. Im Hintergrund dirigiert Pretoria. Auch die Verwirrungen und Verzögerungen aufgrund von Visumschikanen tragen zur Destabilisierung der Region bei. Und Botswana wird erneut klargemacht, wie abhängig es von den Transportwegen durch Südafrika ist.