Genscher lobt Reformkurs in UdSSR

■ FDP–Präsidium tagte zu Stand und Perspektiven der Koalitionsverhandlungen / Genscher sieht seine Einschätzung des Reformkurses in der UdSSR bestätigt / Verschärfung des Umweltstrafrechts gefordert

Aus Bonn Matthias Geis

Außenminister Hans–Dietrich Genscher wertet die jüngste Entlassung inhaftierter Regimekritiker in der Sowjetunion als „positives Signal“, das „Ermutigung und konstruktive Reaktionen durch den Westen“ verdiene. Auf der gestrigen Präsidiumssitzung der FDP beurteilte Genscher die jüngsten Entwicklungen in der UdSSR als Bestätigung seiner auf Ent spannung und Zusammenarbeit mit dem Osten gerichteten Politik. Der Westen wäre seiner Ansicht nach gut beraten, wenn er die Öffnung der Sowjetunion nach innen und außen „vorurteilsfrei beobachte und Fortschritte als solche erkenne“. Auf dem Feld der wirtschaftlichen Zusammenarbeit müsse sich jetzt zeigen, inwieweit der wirtschaftspolitische Reformkurs Gorbatschows die sowjetische Kooperationsfähigkeit mit westlichen Unternehmen verbessere. Im Hinblick auf Fragen der Rüstungskontrolle und Abrüstung begrüßte Genscher die gemeinsame Absichtserklärung von UdSSR und DDR, derzufolge nach einer Verständigung über die Mittelstreckenraketen größerer Reichweite auch die zuletzt in der DDR und CSSR stationierten Kurzstreckenraketen beseitigt werden sollten. Das FDP–Präsidium beriet gestern auch über Stand und Perspektiven der Koalitionsverhandlungen. FDP–Generalsekretär Haussmann bekräftigte auf der anschließenden Pressekonferenz die Absicht der FDP, die vereinbarten Steuererleichterungen in Höhe von 25 Mrd. DM allein durch Subventionsabbau und „sparsame Haushaltsführung“ zu finanzieren. Eine Kompensation durch Erhöhung der Mehrwertsteuer sei mit seiner Partei nicht zu machen. Ex–Innenminister Gerhard Baum kündigte für das heute stattfindende umweltpolitische Privatissimo mit Minister Wallmann eine „umfassende Überprüfung des umweltpolitischen Instrumentariums“ an. Die FDP fordere eine Verschärfung des Umweltstrafrechts sowie die Erarbeitung eines eigenen Umweltgesetzbuches. Der Umweltschutz müsse in das Grundgesetz aufgenommen und die Verbandsklage zugelassen werden. In bezug auf die Innen– und Rechtspolitik wandte sich Baum gegen weitere Strafrechtsverschärfungen und plädierte für eine „Verbesserung der Fahndungskonzepte“. Dies sei notwendig aufgrund „ernster Defizite“ im polizeilichen Informationssystem sowie bei der Zusammenarbeit der Polizei auf Länder– und Bundesebene. Am Mittwoch beginnen die Koalitionsverhandlungen über die Innen– und Rechtspolitik.