U–Boot–Deal: Kohl erneut belastet

■ Laut Aktennotiz des ehemaligen HDW–Chefs Ahlers wurde der ehemalige Kanzleramtschef Schreckenberger eigens auf Geheiß von Kohl und Strauß aktiv, um das Waffengeschäft mit Südafrika zu ermöglichen

Bonn (dpa) - Bundeskanzler Kohl (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Strauß (CSU) haben das geplante U–Boot–Geschäft mit Südafrika nach Eindruck des damaligen HDW–Chefs Ahlers positiv beurteilt. Gegenüber dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der bundeseigenen Kieler Werft AG HDW bezeichnete es der damalige Kanzleramtschef Schreckenberger am 31. Juli 1984 „als sein ausdrückliches Anliegen“, die „positive Einstellung“ von Kohl und Strauß zu betonen, „um die Einleitung des Geschäftes zu ermöglichen“. Dies geht aus einer von Ahlers angefertigten Aktennotiz nach einem Telefongespräch mit Schreckenberger hervor, die der Deutschen Presse–Agentur jetzt bekannt wurde. Offen bleibt, ob HDW bei diesem Gespräch eine direkte Zusage aus Bonn erhalten hat. Eine ent scheidende Stelle in der Aktennotiz ist geschwärzt. In der nicht vollständig lesbaren Aufzeichnung hat Schreckenberger im Auftrag von Kohl gegenüber HDW von „mittlerer Lösung, das heißt, Blaupausen–Export und Zulieferung von Teilen ...“ (Stelle geschwärzt) gesprochen. Eine entsprechende Entscheidung im Bundessicherheitsrat könne aus technischen Gründen erst im September herbeigeführt werden. Über die Ingangsetzung des Vertrages mit Südafrika erbat Schreckenberger eine Mitteilung an Kanzlerberater Teltschik. Nach einer weiteren Telefonnotiz, die ebenfalls der dpa bekannt wurde, sind Zweifel an der Zeugenaussage Schreckenbergers am 15. Januar vor dem U– Boot–Ausschuß aufgetaucht. Nach einem Gespräch mit IKL– Geschäftsführer Nohse, das kurz vor dem Ahlers–Gespräch stattfand, hielt Nohse in einer vertraulichen Aktennotiz fest: „Anruf von Staatssekretär Prof. Schreckenberger, Chef des Bundeskanzleramts am 31. Juli 1984, 12.30 Uhr. Schreckenberger hat folgende Unterlagen vorliegen: ... 2. Unseren Vertrag vom 15. Juni 1984.“ Vor dem Ausschuß hatte Schreckenberger gesagt, er hätte keine Unterlagen der Firmen gehabt und den Vertrag im einzelnen nicht gekannt. Als Ergebnis des Gesprächs mit Schreckenberger hielt Nohse fest, Kohl und Strauß hätten ein Interesse daran, daß HDW und IKL das Projekt ausführen könnten; aus arbeitsmarktpolitischen und finanziellen Gründen. Der für das Rechtskräftigwerden genannte Termin vom 15. August 1984 müsse unbedingt eingehalten werden. Ahlers und er, Nohse, hätten sich aufgrund von Meldungen, „die uns aus München zugegangen sind“, dem Kunden gegenüber positiv bezüglich einer Regierungsgenehmigung geäußert. Der Nohse–Notiz zufolge nahm Schreckenberger zustimmend zur Kenntnis, daß die Aussagen des damaligen Kanzleramtschefs die ersten direkten Erklärungen von höchster Stelle seien, „die uns ermutigen“. IKL werde eine „Nachricht vom 28. Juli 1984 aus München“ zum Anlaß nehmen, dem Kunden zu erklären, „daß für uns der Vertrag rechtskräftig geworden ist“ und die Arbeiten aufgenommen werden könnten. Die Sozialdemokraten planen unterdessen wie auch die Grünen, eine Fortsetzung der parlamentarischen Untersuchung über die ungenehmigte Lieferung von U– Boot–Plänen nach Südafrika. Auf heftige Kritik stieß der Verkauf der U–Boot–Pläne in Südafrika gestern auf einem Hearing der Grünen. Der Direktor der „Weltkampagne gegen militärisch–nukleare Zusammenarbeit mit Südafrika“, Abdul Minty (Oslo), erklärte, viele afrikanische Regierungen hätten sich von der Lieferung von U–Boot–Plänen durch das Ingenieurkontor Lübeck (IKL) und die HDW nach Südafrika betroffen gezeigt. Ein Vertreter Sambias erklärte, diese Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit Südafrika sei eine direkte Bedrohung der Sicherheit der „Frontstaaten“.