Bayern: Gericht blockiert § 218

■ Abtreibungsbereitschaft bei Stellenausschreibung für Ärzte als „verfassungswidrig“ eingestuft

Aus Nürnberg Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Die Stellenanforderung „Bereitschaft zu Abtreibungen“ bei der Ausschreibung von Arztstellen ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach verfassungswidrig. Damit werde eine bestimmte Bewerbergruppe ausgeschlossen, die sich aus religiösen, ethischen und moralischen Gründen außerstande sieht, Abtreibungen durchzuführen. Dies widerspräche dem Grundgesetzartikel 33, Abs. 2: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“ Damit verlor die Stadt Nürnberg ihren Rechtsstreit gegen den Bezirk Mittelfranken um die heftig umstrittene Ausschreibung für zwei Chefarztstellen an der städtischen Frauenklinik. Damit müssen beide Stellen bis zum 28.Februar neu ausgeschrieben werden, auch wenn das Hauptsacheverfahren nicht abgeschlossen ist. Fortsetzung Seite 2 Kommentar Seite 4 Wie berichtet hatten sich CSU, Kirche und bayerische Staatsregierung massiv gegen den von Stadtverwaltung und Mehrheit des Nürnberger Stadtrates hartnäckig verfochtenen Ausschreibungstext gewehrt. Der Einspruch der Bezirksregierung kam gerade noch zur rechten Zeit. Die offizielle Bestellung der zwei nominierten Kandidaten stand für heute auf der Tagesordnung des Stadtrates. Ob sich daran etwas ändert, ist noch nicht abzusehen. Sowohl SPD als auch Grüne wollen sich dem Richterspruch nicht beugen und gehen vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München. SPD–Fraktionsvorsitzender Dr. Peter Schönlein hält die Begründung des Urteils für „unbegreiflich“ und kündigte „entschiedenen Widerstand gegen jede Gängelei aus München“ an. Die Grünen wollen ungeachtet des juristischen Gerangels auf jeden Fall im heutigen Stadtrat Tatsachen schaffen und die Berufung der beiden Ärzte mit Stadtratsmehrheit durchsetzen. Nach Verwaltungsrecht ließe sich - so Stadtrat Murawski - dieser Beschluß nur äußerst schwer wieder rückgängig machen. Zudem bestehe sowieso keine Pflicht zur Ausschreibung, man könne die Ärzte ja auch auf dem Wege der Berufung ohne öffentliche Ausschreibung anstellen. Murawski hält es für „delikat“, daß beide nominierten Kandidaten von der bayerischen Staatsregierung angesichts des Widerstands gegen die Ausschreibung für ungeeignet gehalten werden, wo doch beide in den Diensten des Freistaats stehen.