Neuer Torpedo im U–Boot–Sumpf

■ Auch Mitglieder der CDU–Landesregierung Schleswig–Holstein in U–Boot–Geschäft mit Südafrika verstrickt / Schon 1983 Gespräche / Vertreter von HDW und IKL verweigern Aussage / Ausschuß soll im Schnellverfahren beendet werden

Kiel/Bonn taz/dpa) - Seit 1983 sollen schleswig–holsteinische Regierungsmitglieder von dem illegalen U–Boot–Geschäft der Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) in Kiel und des Ingenieurkontors Lübeck (IKL) mit Südafrika gewußt haben. In einer den Grünen in Kiel vorliegenden vertraulichen Aktennotiz des HDW–Vorstandes vom 24. Oktober 1983 heißt es, daß zwischen dem ehemaligen CDUwirtschaftsminister Jürgen Westphal und einem Verbindungsmann des IKL namens Albrecht „ein Gespräch über dieses Projekt stattgefunden hat“. Der südafrikanische Vertragspartner der HDW und des IKL „sucht offizielle Belieferer“, die den Handel abwickeln sollten, heißt es darin weiter. Neben Westphal soll nach weiteren Informationen auch Staatssekretär Carl– Hermann Schleifer von dem U–Boot–Handel gewußt haben. Schon im Juni 1983 sollen die vom Land Schleswig–Holstein bei der HDW eingesetzten Aufsichtsratsmitglieder Westphal und Schleifer über das Südafrika–Geschäft informiert worden sein. Erst vor zwei Wochen hatte die Landesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD–Opposition im Landtag betätigt, daß der frühere Wirtschaftsminister Westphal sich vom 22. September 1983 bis zum 3. Okober 1983 als Leiter einer Delegation schleswig–holsteinischer Unternehmensvertreter in Südafrika aufgehalten habe, um Verbindungen zur südafrikanischen Wirtschaft zu knüpfen. Nach Informationen der taz sollen zu die sem Zeitpunkt auch Vertreter der HDW in Südafrika gewesen sein um das U–Boot–Geschäft zu sondieren. Dem schleswig–holsteinischen CDU–Finanzminister Asmussen, dessen Ressort für die Aufsicht der Landesbeteiligung an der HDW zuständig ist, warfen die Grünen vor, in den Landtagssitzungen am 27. November und 11. Dezember vergangenen Jahres die Unwahrheit gesagt zu haben. Asmussen hatte in beiden Sitzungen beteuert, daß die Landesregierung „erstmals am 25. November 1986 durch die Presse“ von dem illegalen U–Boot–Handel erfahren habe. Bei seinen „Nachforschungen“, habe er denn auch Auskünfte von Westphal und Schleifer eingeholt. Fortsetzung auf Seite 2 In Bonn soll nach dem Willen der Mehrheit aus CDU/CSU und FDP der U–Boot–Untersuchungsausschuß schon am Montag abtauchen. Davon ließen sich die Koalitionsabgeordneten auch nicht durch die Aussageverweigerung der Firmenvertreter am gestrigen Sitzungstag abringen. Unter Hinweis auf das gegen sie bei der Kieler Oberfinanzdirektion laufende Ermittlungsverfahren verweigerten Mitinhaber Lutz Nohse und der Ex–HDW–Chef Ahlers jegliche Auskunft. Ein weiterer wichtiger Zeuge, der Rüstungslobbyist und ehemalige CSU–Abgeordnete Zoglmann ließ sich durch seinen als Rechtsanwalt für Nohse tätige Sohn beim Untersuchungsausschuß entschuldigen. Der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, Pieper, zu deren Konzerntöchtern auch die HDW–Werft gehört, hatte sich mit Hinweis auf eine Moskau–Reise bereits in der vergangenen Woche „entschuldigt“. Nach der Aussageverweigerung der beiden wichtigsten Firmenzeugen wird der Ausschuß nach Einschätzung von Beobachtern seinen Untersuchungsauftrag in dieser Legislaturperiode kaum noch erfüllen können. Aus den vorliegenden Akten ergibt sich, daß Nohse und Ahlers an verschiedenen Stellen von grünem Licht aus Bonn für das Südafrikageschäft gesprochen haben. Dies wurde von seiten der Bundesregierung entschieden bestritten. Dennoch wird der Ausschuß nach dem Willen der Mehrheit aus CDU/CSU und FDP mit einer Mammutsitzung am kommenden Montag seine Arbeit beenden. Nacheinander werden Kanzler Kohl und die Minister Stoltenberg und Genscher aussagen. In einer zweistündigen nichtöffentlichen Sitzung befaßte sich der Ausschuß mit einem Antrag der Koalition, die Geheimhaltung für 14 Vermerke und Notizen aus den Firmenakten aufzuheben. Von den Oppositionsparteien SPD und Grüne wurde der Verdacht geäußert, daß die Koalition die Geheimhaltung für jene Vermerke aufheben wolle, mit denen die Regierung entlastet werde, nachdem sie durch Presseveröffentlichungen anderer Vermerke belastet worden sei. N. Sönnichsen/H. Lorscheid