BRD–Waffentransport für Iran

■ Das unter deutscher Flagge laufende Munitionstransportschiff „Gretl“ schmuggelt Waffen von Portugal in den Iran / Irakische Angriffe sind nicht auszuschließen / ÖTV: Bundesregierung soll Fahrt stoppen

Aus Stuttgart Dietrich Willier

Das Munitionstransportschiff „Gretl“, das unter bundesdeutscher Flagge und mit bundesrepublikanischer Mannschaft bereits am vergangenen Freitag im portugiesischen Seehafen Setubal mit Waffen, unter anderem Boden– Luft–Raketen, und Munition beladen worden war, befand sich gestern im Suezkanal. Das Schiff, mit einer Ladekapazität von 4.280 Tonnen, das der deutschen Reederei Jürgen Stah mer aus York (Unterelbe) gehört, ist von der dänischen Reederei J. Poulsen (Korsoer) für den Waffentransport gechartert worden. Da es aber weiterhin unter deutscher Flagge und mit deutscher Mannschaft fährt, unterliegt es somit auch dem Kriegswaffenkontrollgesetz der BRD. Eine Genehmigung des Waffentransports durch BRD–Behörden soll aber nie erfolgt sein. Da keine Genehmigung für den Waffentransport vorliegt, forderte die ÖTV die Bundesregie rung, das Bundesverkehrs– und das Außenministerium auf, das Schiff sofort zu stoppen und die Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes einzuhalten. Die ÖTV befürchtet größte Gefahren für die zwölf Besatzungsmitglieder des Schiffes, außerdem sei es dem internationalen Ansehen der BRD abträglich, wenn Kriegswaffen auf deutschen Schiffen in kriegführende Länder transportiert würden. Nach Berechnungen von Seeschiffahrtsexperten der ÖTV wird die „Gretl“ kommenden Montag oder Dienstag in der Nähe ihres Zielhafens Banda Abbas (Iran) ankommen. Nach Auskunft der ÖTV und der dänischen Seeschifffahrtsgewerkschaft soll die Verladung von Waffen und Munition bereits in Setubal von irakischen Beobachtern kontrolliert worden sein. Die ÖTV hält militärische Aktionen des Iraks gegen das Schiff für nicht ausgeschlossen. Das Bundesverkehrsministerium geht offenbar davon aus, daß sich die „Gretl“ erst in der Nähe von Malta aufhält. Der Anwalt der dänischen Reederei hatte die Falschmeldung verbreitet, die Munitionsladung der „Gretl“ solle bereits auf Zypern gelöscht werden. Die Hersteller der Munition und die Auftraggeber des Transports wollte das Anwaltsbüro nicht nennen. Einen Genehmigungsantrag für den Munitionstransport an das Bundesverkehrsministerium oder eine stillschweigende Duldung durch BRD–Behörden soll es nach Angaben von Staatssekretär Baier nicht gegeben haben. Fortsetzung auf Seite 2 Bevor das Bundesverkehrsministerium nun irgendwelche Schritte unternimmt, will es erst die „Ladepapiere“ der dänischen Reederei einsehen. Das bundesdeutsche Kriegswaffenkontrollgesetz sieht für einen nichtgenehmigten Seetransport von Waffen und Munition unter deutscher Flagge eine Gefängnisstrafe von ein bis fünf Jahren auch dann vor, wenn die Schiffe außerhalb des Bundesgebietes be– und entladen werden. Der Hamburger Rechtsanwalt der Reederei äußerte sich gegenüber Vertretern der ÖTV positiv zu dem Waffentransport seines Mandanten: Man könne froh sein, eine so gute Ladung transportieren zu können. Weniger erfreut zeigte sich hingegen Dieter Benz, Abteilungsleiter der ÖTV in Stuttgart: Die ÖTV kämpfe zwar für den Erhalt der Schiffahrt, „aber nicht mit solchen Mitteln“.