Ein Ort für weibliche Wünsche?

■ Frauenförderpläne in Hessen / Serie Frauenbeauftragte - Was haben sie uns gebracht? Teil vier

Von Maria Neef–Uthoff

Jetzt, kurz vor den Neuwahlen, ist in Hessen Eile geboten. Es geht um den Frauenförderplan für die Landesregierung. Bei der Besetzung von Stellen, im Ausbildungsbereich, bei Beurlaubungen, überall sollen Frauen im Bereich des öffentlichen Dienstes mit z.T. genauen Zielvorgaben (50 hessische Staatssekretärin und Frauenbeauftragte Marita Haibach, das Inkrafttreten dieser Bestimmungen. Auch SPD–Ministerin Vera Rüdiger möchte die Frauenförderung noch vor dem möglichen Regierungswechsel unter Dach und Fach wissen. Zusam men mit der ÖTV hatte die hessische Frauenbehörde den Plan ausgearbeitet und sich im Kabinett dafür stark gemacht. Nach der ersten Unterzeichnung durch das Kabinett gingen die Pläne an die Personalräte der einzelnen Behörden. Die mußten zusammen mit den Dienststellenleitern beraten und überlegen, ob sie so einverstanden sind oder Änderungen wünschen. Nach Auskunft der ÖTV Sekretärin Renate Krauß–Pötz ist den meisten Personalräten der Plan zu lasch. Vorher hatte es ein zähes Ringen mit der SPD um Formulierungen gegeben, aus Muß–Bestimmungen wurden Sollbestimmungen, die angestrebte Form des Auswahlverfahrens wurde nicht berücksichtigt, und Frauenbeauftragte sind nur in den obersten Behörden vorgesehen. Nun sieht es aber so aus, als ob sich daran noch was ändern ließe. Sowohl die Personalräte vom Innenministerium als auch die von der Frauenbehörde beabsichtigen, den Frauenförderplan erneut im Kabinett vorzulegen. Frauenförderpläne, was heißt das im Einzelnen, was heißt das in Hessen? Frauenförderpläne werden in der Öffentlichkeit seit den 70er Jahren diskutiert. Schon 1978 wurde von der Humanistischen Union ein Vorschlag zu ei nem Antidiskriminierungsgesetz (ADG) gemacht, was ja nichts anderes ist, als ein Frauenförderplan auf gesetzlicher Ebene. Wenn auch bedeutend wirksamer. Im Laufe der Jahre gab es noch diese und jene Zielvorgabe. Eine Enquete–Kommission schaltete sich 1981 ein, eine Sachverständigenanhörung fand in Bonn statt. Aber die Planung eines ADGs ruhte zunächst, bis die Grünen sich seiner annahmen und zur vollständigen Entwicklung brachten. Erlasse statt Gesetze Als der Bundestag Ende 1986 in der Frauendebatte das ADG abgelehnt hatte, war in der Öffentlichkeit wenig bekannt, daß gerade im Hessischen Umweltministerium der angeblich beste aller Frauenförderpläne in Kraft getreten war. Aber auch er ist in sich ungenügend. Denn er ist kein Gesetz. Was im Moment entwickelt wird, sind Erlasse für den öffentlichen Dienst. Sie haben zwar je nach Formulierung einen mehr oder weniger bindenden Charakter, können aber zum Beispiel bei einem Regierungswechsel zurückgenommen werden. Außerdem ist es mit der Durchführung so eine Sache. Man stelle sich eine Behörde vor, z.B. gerade jetzt in Hessen nach Joschka Fischers Entlassung, eine Behörde wie ein Wasserwirtschaftswerk, das zum Umweltministerium gehört. Der Förderplan des Umweltministeriums ist noch in Kraft. Aber wer kontrolliert die Dienststellen und die Dienststellenleiter? Sie sollen jedes Jahr einen Bericht an ihren Minister abliefern. Gut, aber was ist so ein Bericht wert? Es gibt bei Nichteinhaltung keine Disziplinarstrafen. Und jetzt, wo der Minister entlassen ist, geht es schon wieder drunter und drüber. Männer halten immer noch zusammen, auch wenn, wie hier, die Frauenbeauftragte ihnen auf die Finger guckt. Trotzdem, im Vergleich mit dem Entwurf des Förderplans für die hessische Landesregierung (FÖLA) hat der Frauenförderplan fürs Umweltministerium (FÖUM) schon einiges für sich. FÖUM ist Vorreiter im Auswahlverfahren bei der Besetzung von Stellen. Hier sind ausdrückliche Mußbestimmungen: Alle neu zu besetzenden Stellen müssen intern und öffentlich für Frauen ausgeschrieben werden, wenn es sich um Bereiche, Vergütungs– und Besoldungsgruppen handelt, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Dazu ein Zusatz, daß die Behörde es anstrebt, den Frauenanteil in diesem Berufsbereich zu erhöhen. Und wenn sich viele Frauen beworben haben, die die formalen Voraussetzungen erfüllen, so müssen mindestens 50 Auswahlverfahren miteinbezogen werden; die Auswahlgremien sollen paritätisch besetzt und die Frauenbeauftragte muß mit dabei sein. Das ganze geht solange, bis mindestens 50 unterrepräsentierten Bereichen. Aus dem Muß wird ein Soll Im FÖLA–Entwurf dagegen wimmelt es nur so von Soll–Bestimmungen. Das sind die, die immer Ausnahmen möglich machen. Obwohl auch sie im Öffentlichen Dienst den Charakter einer starken Verpflichtung haben, wie mir ÖTV–Sekretärin Renate Krauß– Pötz versicherte. Aber schon bei den Stellenausschreibungen ist FÖLA durch erhebliche Milde gekennzeichnet. Hier fehlt die Verpflichtung, gleichzeitig intern und extern auszuschreiben. Das heißt, wenn z.B. bei der Polizei intern keine geeignete Frau sich meldet, bekommt ein Mann die Stelle. Es fehlt auch die Verpflichtung, regelmäßig Ist–Analysen zu verfassen. Hier geht es darum festzustellen, wieviel Frauen wo arbeiten und wie sie bezahlt werden. Je des Jahr neu hergestellt, wäre es ein Mittel zur Kontrolle. Stattdessen die verwaschene Formulierung „auf besonderes Verlangen der jeweiligen obersten Dienstbehörde“. Die kann sich dann überlegen, ob sie Lust hat, und kann es auch sein lassen. Außerdem wird in der Ist–Analyse des FÖLA im Gegensatz zum FÖUM völlig undifferenziert der Begriff „Lohngruppe“ verwendet. So ist natürlich eine Unterrepräsentation von Frauen schwierig herauszufinden. In einer „Lohngruppe“ können bis zu sieben Berufe vertreten sein. Zum Beispiel bei Lohngruppe VII sind die Frauen bestimmt nicht unter repräsentiert, weil der Beruf der Schreibkraft unter diese Lohngruppe fällt. Aber sie sind es sicher in einigen Männerberufen, die auch zur Lohngruppe VII gezählt werden. Diese bieten möglicherweise Aufstiegschancen, die die typischen Frauenberufe ja nicht aufweisen. So entsteht schnell ein falsches Bild, und mit richter Frauenförderung ist es wieder nix. FÖLA hat aber auch wie FÖUM seine guten Seiten. In beiden Plänen ist ausdrücklich darauf geachtet worden, daß Zeiten der Kinderbetreuung und Familienarbeit sowie bisherige Teilzeitarbeit nicht nachteilig bewertet werden. Das bedeutet aber, im hohen Maße umzudenken. An diese Art von „Regelverletzung“ ist man gerade auf behördlicher Seite nicht gewöhnt. Aber das sind die Stellen im System, die auf die Dauer wirklich was verändern könnten. Hätte man da nicht gleichzeitig in der Frage der Stellenbesetzung die Formulierung „bei gleicher Eignung“, könnte diese vielfältig interpretierbare undeutliche Anweisung dazu benutzt werden, jede Frauenförderung wieder zunichte zu machen. Überforderte Frauenbeauftragte Um diesem Widersinn entgegenzuwirken und um das ganze Amt vom Gegenteil zu überzeugen, dafür gibt es die Frauenbeauftragte. FÖLA stolpert aber auch in diesem Punkt weit hinter FÖUM her. Während FÖUM in allen Ämtern und Dienststellen, das heißt überall Frauenbeauftragte sitzen hat, leistet sich FÖLA diesen Luxus nur in den oberen und mittleren Landesbehörden. Das sind z.B. Regierungspräsidien oder das Ministerium oder das Polizeipräsidium. Diese Überwacherinnen haben es nicht leicht. Sie sind „Hilfsinstrumente“ zur Einhaltung des Frauenförderplanes. Ohen eigene Kompetenzen. Und an ihnen hängt viel Verantwortung. Wenn man davon ausgeht, daß der ganze Frauenförderplan letztlich einen Umdenkungsprozeß in Gang bringen soll, dann sind sie die Ersten, die mit dem Umdenken anfangen müssen. Oft sind es aber Frauen, die bisher reichlich wenig in neuen Bahnen zu denken gewohnt waren. Restlos überfordert stehen sie nun einer Mannschaft gegenüber, denen sie in die Quere kommen sollen. Gleicher Zugang für Verschiedene Dabei stellt sich sowieso die Frage, inwieweit Frauenförderpläne etwas erreichen können. Immer wieder taucht der Vorwurf aus der autonomen Frauenszene auf, Frauen würden mithilfe der Frauenförderung an männliche Arbeitsmuster angepaßt. Männer bestimmen die Normen in der Erwerbsarbeit und Frauen tun es ihnen gleich. Das ist aber nicht im Sinne der Initiatorinnen der Frauenförderpläne in Hessen. Gleich sein im Sinne von gleich wie die Männer sein, diese Art der Gleichberechtigung lehnt Renate Krauß–Pötz als negative Verhaltensforderung entschieden ab. Ziel eines Frauenförderplans sei es, weibliche Muster ins Erwerbsleben zu integrieren. Es gehe darum, einen gleichen Zugang zu allen Positionen und Institutionen zu erreichen. Wenn genug Frauen an entscheidenden Stellen sitzen, können auch die Bedingungen des Arbeitslebens geändert werden. Zur Zeit jedenfalls sind FÖLA und FÖUM wegen der politischen Situation höchst gefährdet. Sollte sich nach dem 5. April eine CDU/ FDP–Koalition bilden, ist die Frauenförderung in Hessen mit Sicherheit wieder vom Tisch. Teil 5 am Donnerstag: Im hessischen Friedberg - was macht eine Gleichstellungsstelle auf dem Land?