Neuer Airbus macht Druck auf US–Markt

■ „Stapellauf“ des Kurzstrecken–Airbus 320 in Toulouse / Streit um Subventionen für Flugzeugbau zwischen Europa und den USA / Chirac will notfalls „Krieg“ um den neuen Airbus führen / US–Firmen fürchten Marktverluste / Vorerst keine Sanktionen von USA geplant

Berlin (taz) - In Toulouse rasselten am Samstag die Säbel. Der französische Premierminister Chirac: „Wenn ein Krieg nötig ist, dann werden wir ihn führen.“ Ministerpräsident Strauß: „Wir werden uns durch politische Agitation nicht von dem gewählten Weg abbringen lassen.“ Der potentielle Gegner gibt sich gelassen: Aus dem Weißen Haus verlautet, man werde vorerst von „Vergeltungsmaßnahmen“ absehen. Die martialischen Töne aus Toulouse begleiteten den „Stapellauf“ eines durchaus zivilen Projektes. Am Samstagabend rollte der erste Airbus 320 aus der Montagehalle und wurde unter den Augen europäischer Industriellertiger und Staatsmänner vom britischen Kronprinzenpaar getauft. Das neueste Produkt aus dem Hause Airbus ist als Kurstrecken– Verkehrsflugzeug konzipiert, hat etwa 150 Plätze, eine Reichweite von 5.000 Kilometern und einen Preis von ca. 40 Mio. Mark. Für das Meisterstück europäischer Ingenieurkunst, dessen Entwicklung allein die deutschen Steuerzahler 1,1 Mrd. Mark gekostet hat, liegen bisher weltweit 437 Bestellungen vor. Strauß freute sich am Samstag, daß es nunmehr gelungen sei, den US–Anteil am Geschäft mit Verkehrsflugzeugen von 95 auf 80 Prozent zu drücken. Das eben erfüllt die Wirtschaftspolitiker in Washington mit tiefer Unruhe. Ihre Kritik: die Europäer betreiben beim Airbus einen staatlich massiv unterstützten Konkurrenzkampf, der ihre eigene Luftfahrtindustrie ruiniere. Chirac meinte dazu, die US–Firmen, vor allem Boing, erhielten selbst genügend indirekte Subventionen durch milliardenschwere Rüstungsaufträge. Auf der nächsten GATT–Runde im März will man weiter über den „Flugzeug–Krieg“ verhandeln. Das größere Problem wird dabei die Entwicklung der beiden Airbus–Nachfolgemodelle 330 (Mittelstrecken–Flugzeug) und 340 (Langstrecken–Flugzeug) sein, die Mitte der 90er Jahre in Serie gehen sollen. Für sie wird der bundesdeutsche Haushalt noch einmal 2,9 Mrd. Mark locker machen müssen. Das sei berechtigt, weil damit 10.000 Arbeitsplätze erhalten würden, sagte Wirtschaftsminister Bangemann in Toulouse. Die US–Behörden wollen das aber nicht hinnehmen, denn der Airbus 340 tritt in unmittelbare Konkurrenz zum Langstreckenflugzeug MD–11 der US–Firma McDonnel Douglas, die nach Washingtoner Auffassung den Wettkampf im Gegensatz zum Marktbeherrscher Boing nicht allein durchstehen könne. Chirac jedoch pocht auf die Marktgesetze: „Wir haben einfach ein besseres Flugzeug als die Amerikaner.“ Imma Harms