I N T E R V I E W Der Skandal liegt woanders

■ Der Ex–Steuerfahnder Klaus Förster, der die Spendenaffäre ins Rollen brachte, zum Urteil / Man darf die Leute nicht - nur weil sie einen Namen haben - höher verurteilen

taz: Heute ergingen die Urteile im Spendenprozeß. Sie haben damals die Lawine ins Rollen gebracht. Sind Sie über die gerichtliche Bewertung enttäuscht? Klaus Förster: Nein, in keiner Weise. Die Erwartungen, die die Öffentlichkeit hatte, lagen auf einem anderen Gebiet, der Bestechung. Damit habe ich mich ja als Steuerfahnder nicht zu befassen brauchen. Man muß akzeptieren, daß die Angeklagten in dem Punkt Mangels Beweisen freigesprochen wurden oder das Verfahren schon vorher eingestellt worden ist. Zur Würdigung der strafrechtlichen Vorwürfe bin ich der Meinung, daß das Urteil gegen Herrn von Brauchitsch eine sehr hohe Strafe ist. Man hat sicher bei Graf Lambsdorff und Herrn Friedrichs mit berücksichtigt, daß es sich ja bei den sogenannten Spenden nicht so sehr um Steuerhinterziehung zu eigenen Gunsten, sondern zugunsten der Parteien handelte, aber ich kenne das Urteil im Einzelnen bisher nicht. Meineserachtens ist die Hinterziehung für eine Partei auch indirekt zu eigenen Gunsten, denn die Herren haben in leitenden und führenden Stellungen in den Parteien gewirkt und haben indirekt dadurch, daß sie die Parteien mit Geld versorgt haben auch etwas für sich selbst getan. Wo wurden denn in den vergangen Jahren bei der politischen Aufarbeitung der Parteispendenaffaire Fehler gemacht? Für mich ist der Skandal nie das Verhalten der drei jetzt angeklagten Personen gewesen. Der Skandal lag vielmehr in anderen Dingen, in der Aufbereitung der ganzen Angelegenheit und wie man versucht hat damit fertig zu werden. Für mich ist der Schlußpunkt viel früher gesetzt worden, nicht erst in dem Urteil heute, sondern in dem neuen Parteienfinanzierungsgesetz. In der Art und Weise mit der die führenden Parteienvertreter sich dazu geäußert haben und welche Nichtkonsequenzen gezogen worden sind. All das ist für mich enttäuschend gewesen, nicht so sehr die Urteile jetzt. Als Steueranwalt kennen Sie doch vergleichbare Fälle. Ist es wirklich so, daß die Urteile ähnlich ausgefallen sind, wie bei vergleichbaren Straftatbeständen anderer Beschuldigter? Bei Brauchitsch schon. Aber als Anwalt und Strafverteidiger in Steuerstrafsachen ist man doch froh einen milden Richter zu finden. Nehmen sie zehn Richter in einer Steuerstraftat und sie haben im Zweifelsfall zehn verschiedene Urteile. Ich verhehle aber nicht, daß ich das frühere Boehnisch–Urteil und in Zukunft vielleicht das Urteil gegen Lambsdorff und Friedrichs mir zu eigen mache und in Prozessen als Verteidiger darauf hinweisen werde und ähnlich milde Strafen beantragen werde. Aber ich will hier keine Urteilsschelte machen. Und man darf auch nicht den Fehler machen, die Leute härter zu bestrafen, weil sie prominenter sind als andere und in dieser Problematik hat das Gericht auch gestanden. Für mich fallen die Urteile nicht so aus dem Rahmen. mtm