Im Prinzip Ja zur Rotation, aber...

■ Die grünen Europaparlamentarier diskutierten in Straßburg ihre längst fällige Rotation / Beschlußlage der Partei wurde im Prinzip anerkannt / Abgeordnete plädieren für individuelle Ausnahmeregelungen

Straßburg (taz) - Die überfällige Rotation der Grünen im Europa–Parlament wird möglicherweise die Tagesordnung der nächsten Bundesversammlung der Grünen anreichern: Auch eine Klausurtagung am Montag in Straßburg brachte keine Klarheit, welche der sieben westdeutschen Euro–Grünen nun rotieren werden und welche nicht. Bekanntlich hatte der Europa–Parteitag der Grünen im Frühjahr 1984 die Euro–Deputierten zur Rotation nach der Hälfte der fünfjährigen EP– Legislaturperiode festgelegt; erst im Januar dieses Jahres mahnte der Bundeshauptausschuß die seit Jahreswechsel überfällige Mandatsübergabe an die Nachrücker einstimmig an, nachdem die Nachrücker intern Druck gemacht hatten. Fristgerecht hatten nämlich nur zwei Abgeordnete, Frank Schwalba–Hoth und Dorothee Piermont, ihre Sessel geräumt; für sie rücken der Freiburger Dritte– Welt–Aktivist Wilfried Telkämper und der Münchner Rechtsanwalt Wolfgang von Nostitz nach (vergl. taz v. 23.1.). Als Ergebnis der internen Klausurtagung am Montag, auf der es nach Aussagen mehrerer Teilnehmer zu einem „harten Schlagabtausch“ gekommen sein soll, übermittelte die fast vollzählige Euro–Combo (Brigitte Heinrich befand sich noch auf dem Rückflug von einem Ausschuß– Trip nach Mauritius) dem Bonner Bundesvorstand einen Beschluß, in dem sie sich als Gruppe ausdrücklich zur Beschlußlage der Partei bekennt. „Alle, die sich nicht daran halten, weichen von der Beschlußlage der Partei ab“, erläuterte Frank Schwalba–Hoth das Votum. Die Schizophrenie dieses Beschlusses, der nach Ansicht des Nachrückers von Nostitz „die politische Hilflosigkeit der Gruppe“ dokumentiert, liegt darin, daß er (bei zwei Enthaltungen und keiner Gegenstimme) auch von jenen Abgeordneten mitgetragen wurde, die sich nach wie vor eine individuelle Ausnahmeregelung in eigener Sache vorbehalten. Diese Beharrlichen, so wird erwartet, könnten den anstehenden Parteitag im Mai möglicherweise um eine Entbindung von der Rotationspflicht angehen. Zu den vorläufig Rotations–Unwilligen gehören mittlerweile auch die beiden im Radikal–Prozeß seinerzeit zu Haftstrafen verurteilten Berliner Benny Härlin und Michael Klöckner, die ursprünglich nach der Bestätigung ihrer Immunität durch das EP–Plenum ihre „Mission für beendet“ erklärt und sogar ihr vorzeitiges Verlassen des Straßburger „Geisterhauses“ für den Herbst 1985 angekündigt hatten. Beide waren am Montag abend zu einem taz–Interview nicht bereit. Thomas Scheuer