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Geplante Täuschung im U–Boot–Geschäft

■ U–Boot–Geschäft mit Südafrika durch gezielte Falschinformation getarnt / Untersuchungsausschuß für diese Legislaturperiode beendet

Aus Bonn Ursel Sieber

In Bonn war gestern U–Boot–Tag: Nach der Vernehmung von Bundeskanzler Kohl und verschiedenen Ministern tauchte der Untersuchungsausschuß für die zu Ende gehende Parlamentsperiode ab. Alle Fraktionen nutzten den gestrigen Tag für eine Bilanz. Für die Grünen und die SPD sind allerdings so viele Fragen offengeblieben, daß sie den Ausschuß im nächsten Bundestag neu einsetzen wollen. Die dazu notwendige Stimmenanzahl von mindestens einem Viertel der Abgeordneten ist gesichert. Die Abgeordnete der Grünen Uschi Eid äußerte den Verdacht, die Abwicklung jenes U–Boot–Geschäftes mit Südafrika sei zwischen den Beteiligten als eine Art „Cover Story“ vereinbart worden. Dazu gehörten möglicherweise auch die Aussagen der Regierungsmitglieder vom Montag, ergänzte die Grüne. Als Beleg führte Uschi Eid einen Brief an, der am 22. Oktober 1984 von einem „Vertreter der südafrikanischen Vertragspartner“ abgefaßt worden sei. Darin werde folgendes festgehalten: Falls das Geschäft bekannt werde, solle in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt werden, daß die Bauphase auf unbekannte Zeit verschoben sei. Über diese Sprachregelung sollten ausgewählte Personen innerhalb der Regierung genauso informiert werden wie über die Tatsache, daß in Wirklichkeit keine Verzögerungen eingetreten seien. Da der in englischer Sprache abgefaßte Brief zu den Geheimakten zählt, wollte die Abgeordnete keine näheren Angaben machen. Nach Informationen von dpa handelt es sich um einen Brief der südafrikanischen Firma L+S Maritime Technologies und des Ingenieurkontors Lübeck. Außerdem sei bei der Vernehmung am Montag deutlich geworden, daß sich die Regierungsspitze „möglicherweise der Strafvereitelung im Amt“ schuldig gemacht habe, sagte Uschi Eid. In drei Ministerien seien erst Ende 1986 Aktenstücke wieder aufgetaucht, die noch heute nicht Bestandteil des Bußgeldverfahrens seien. Fortsetzung auf Seite 2 So befand sich das „Memo“, in dem u.a. schon von einer Überbringung der Akten im Diplomatengepäck die Rede ist, nicht bei der ermittelnden Oberfinanzdirektion Kiel. Ein ähnliches Resümee zog der SPD–Politiker Gansel: Die illegale Lieferung dieser Blaupausen für U–Boote sei nur auf dem Hintergrund der „schillernden Haltung“ des Kanzleramts zu verstehen. Der Bundeskanzler habe bei der Industrie und in Südafika Erwartungen geweckt, „die rechtlich nicht einzuhalten waren“. Der neue Ausschuß müsse nun klä ren, ob das Kanzleramt „nur wohlwollend geprüft“ oder eine politische Zusage gegeben habe. Zu prüfen sei auch, ob die Lieferung tatsächlich am 20. Juli 1985 eingestellt worden sei; ob nur ein Vertrag oder mehrere Verträge geschlossen worden seien und ob demnach auch andere Firmen Teile für U–Boote geliefert haben könnten. Deutlicher wurde Uschi Eid: Nach dem Studium der Akten hätten die Grünen „Anhaltspunkte“, wonach nicht nur Konstruktionspläne, sondern auch Teile geliefert worden seien. CDU, CSU und FDP betrieben gestern wieder Nebelleuchten für die Regierung: Das Verhalten der Regierung sei „einwandfrei“, ein neuer Untersuchungsausschuß sei überflüssig.

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