Von der Milch zum Cäsium–Konzentrat

■ Im Molkepulver reichert sich die Radioaktivität an 15mal höhere Werte als das Ausgangsprodukt Milch

Während ganz Deutschland auf den Molke–Geisterzug aus Bayern blickt und bewegt am Entsorgungsroulette unseres Atomministers Anteil nimmt, wird in den süddeutschen Meiereien täglich neues radioaktiv verseuchtes Molkepulver produziert. Wer wissen will, warum gerade das Molkepulver so stark verseucht ist, muß den Weg vom Kuhstall bis zum Pulver nachvollziehen. Molke ist zunächst ein Flüssigprodukt und wird bei der Quark– und Käseproduktion gewonnen. Der Milch wird dazu Labferment zugegeben, wäßrige und feste Bestandteile der Milch trennen sich in Molke und Käse. Die Molke hat nur noch einen spärlichen Anteil an Eiweiß (0,5–0,8 Prozent) und Milchzucker (3–4,5 Prozent). Sie besteht nur zu etwa 6 Prozent aus Trockenmasse. Genau diese Trockenmasse ist aber das Objekt der Begierde. Um sie in Form des konzentrierten Pulvers zu erhalten, geht die Molke zunächst durch den Eindampfer, wo ihr ein großer Teil des Wassers entzogen wird. Der Trockenturm gibt der Molke dann den Rest. Die noch verbliebenen Wasserbestandteile werden verdampft und übrig bleibt ein Produkt, das zu 96 Dieses Molkepulver enthält aber rund 15mal mehr radioaktive Teilchen als das Ausgangsprodukt Milch. Schon bei der Trennung in Käse und flüssige Molke verbindet sich das wasserlösliche radioaktive Cäsium eher mit der Molke als mit dem Käse. Für eine noch stärkere Anreicherung sorgt dann die Konzentrierung der Molke zu Molkepulver. Mit dem Wasser verdampft der Hauptbestandteil der Molke - zurück bleiben 6% Trockenmasse und - das strahlende Cäsium. Die starke Anreicherung hat fatale Konsequenzen: Molkepulver, das aus einer mit 100 Becquerel Cäsium belasteten Milch gewonnen wird, strahlt bereits mit 1.500 Becquerel (EG–Grenzwert für Milch: 370 bq). Bei den derzeit durch die Winterfütterung mit radioaktiv verseuchtem Heu der Sommerernte wieder deutlich ansteigenden Milchwerten erreichen die Cäsium–Werte des Molkepulvers schnell die Tausender– Grenze. Nach den neusten Zahlen der AGÖF–Koordinationsmeßstelle in Bremen schwankt die Milch gegenwärtig zwischen 20 und 80 bq. (Die in München gemessenen Höchstwerte für Milch liegen derzeit bei 297 Becquerel). Nimmt man Milch mit einem Durchschnittswert von 60 bq und gewinnt daraus Molkepulver, erhält man ein Produkt mit 900 bq Cäsiumaktivität. Das aber wäre selbst im Sinne der großzügigen EG–Grenzwerte kein genußfähiges Lebensmittel mehr, sondern radioaktives Material, das entsorgt werden müßte. Daß dies nicht geschieht und strahlendes Molkepulver statt dessen verfüttert wird, beweisen die Meßwerte für Kalbfleisch, die z.B. vergangene Woche beim Münchner Umweltinstitut ermittelt wurden: 550 bq. Aber auch Lebensmitteln, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, wird offenbar verseuchtes Molkepulver zugesetzt. Schlankheitskekse, die zu 20 mit 100 bq gemessen. Die radioaktive Belastung von Milch und Molke wird in den nächsten Wochen anhalten und vielleicht sogar weiter zunehmen. Erst zum Ende des Winters greifen die Bauern erfahrungsgemäß stärker auf die Sommer– heuernte zurück, die in den Heuschobern zudem tiefer gestapelt liegt. Da den Bauern aber weder Entschädigung noch Ersatzfutter angeboten wurde, sind sie gezwungen, den sogenannten ersten Schnitt zu verfüttern. -man–