Neue Hiobsbotschaften für Reagan

■ McFarlane dementierte Aussagen seines früheren Chefs / Reagan hat Iran–Waffen doch von Anfang an genehmigt / Rücktritt von Stabschef Donald Regan steht unmittelbar bevor / Bericht der Tower–Kommission wird am kommenden Donnerstag veröffentlicht

Washington (ap/afp/dpa) - Nach Angaben unterrichteter Kreise hat Robert McFarlane, früherer Sicherheitsberater von Präsident Reagan, vor einem Untersuchungsausschuß des Kongresses zugegeben, daß er und andere Mitarbeiter des Weißen Hauses eine Chronologie der Waffenlieferungen an den Iran bewußt gefälscht haben. Damit sollte im vergangenen November dem Präsidenten die Möglichkeit gegeben werden, zu dementieren, daß er schon in einem frühen Stadium den Waffenhandel gebilligt hatte. Die New York Times zitiert wörtlich einen der Informanten aus dem Umkreis der von Reagan selbst eingesetzten sogenannten „Tower–Kommission“, die McFarlane am Samstag an seinem Krankenbett - nach einem Selbstmordversuch - befragte: „Damals herrschte eine Art Panik. Die allgemeine Stimmung war: Rettet den Präsidenten.“ Die Ergebnisse der Untersuchungskommission sollen am Donnerstag veröffentlicht werden und scheinen den Präsidenten in erhebliche Verlegenheit zu bringen. Reagan hatte in einer ersten Befragung durch die Tower– Kommission nämlich zugegeben, die erste Waffenlieferung vom August 1985 persönlich gebilligt zu haben. In einer zweiten Befragung am 11.2. gab er jedoch an, sich bei dieser Aussage geirrt zu haben. Fortsetzung auf Seite 6 Weitere Enthüllungen über die Vertuschungsaffaire werden von Dokumenten erwartet, die jetzt in den Computer–Speichern des Nationalen Sicherheitsrats gefunden wurden. Hilfestellung gab die persönliche Sekretärin des Hauptakteurs Oliver North, Fawn Hall, allerdings erst, nachdem die Staatsanwaltschaft ihr Straffreiheit zugesichert hatte. Jetzt gab sie zu, was bisher nur von der Presse behauptet worden war: Nur wenige Stunden bevor Untersuchungsbeamte des Justizministeriums den Sicherheitsrat am 21. November durchsuchten, hatten sie und Oliver North noch rasch einen „Mammutpacken“ Dokumente - darunter die jetzt aufgefundenen - durch den Reißwolf gedreht. Auch auf anderen Ebenen reißen die Hiobsbotschaften für Ronald Reagan nicht ab. Nach einem Bericht der Fernsehgesellschaft CBS steht der Rücktritt seines Stabschefs Donald Regan unmittelbar bevor. Man warte nur noch darauf, einen Nachfolger präsentieren zu können. Im Streit liegt der langjährige Vertraute des Präsidenten offenbar mit First Lady Nancy, deren Einfluß im Weißen Haus nach Presseberichten überhand genommen hat. Während die Londoner Sunday Times in ihrem gestrigen Leitartikel bereits zu dem Fazit kam, der Präsident verdiene einen langen und glücklichen Ruhestand und solle sich baldmöglichst in denselben begeben, überstürzen sich die kompromittierenden Enthüllungen über das Innere der Washingtoner Regierungzentrale. Nach einem Bericht des britischen Observer scheiterten die US–Waffengeschäfte mit Iran an atemberaubenden Koordinationsmängeln zwischen CIA und dem Nationalen Sicherheitsrat. Ein Interview mit dem saudischen Adnan Kashoggi ergab, daß beide Stellen unabhängig voneinander den Iranern Waffen anboten: Oliver North vom Sicherheitsrat allerdings zum fünffachen Preis der CIA, da er aus den Überschüssen noch die nicaraguanische Contra finanzieren wollte. Die Genfer Firma Lake Ressources sei von North als Geldwaschanlage für die Contra benutzt worden. Unterdessen bestätigte der Contra–Führer Arturo Cruz, der von der US–Regierung als besonders gemäßigt und ehrenhaft protegiert wird, er habe von Oliver North im vergangenen Jahr monatlich 7.000 Dollar Gehalt bezogen. In einem Interview verteidigte er dies mit der Notwendigkeit, seine Familie zu ernähren. Trotz ihres Billigangebots an den Iran ist es aber auch der CIA noch möglich gewesen, Geld für die Contra aufzutreiben. Wie die Los Angeles Times berichtet, hat der Geheimdienst im vergangenen Herbst 1,2 Millionen Dollar für portugiesische und sowjetische Waffen gezahlt. mr