Realos vorn bei Hessens Grünen

■ Hessen–Grüne küren Kandidaten / Rot–grüne Koalition wieder befürwortet / SPD offen für alle Parteien

Frankfurt (taz) - Sollte es zu einer Neuauflage der rot– grünen Koalition in Hessen kommen, will Joschka Fischer zwei Ministerien für die Grünen. Eine Koalition könne es nur auf der Grundlage einer „völligen Gleichbehandlung“ der Grünen geben, meinte der Ex–Minister am Rande der Landesdelegierten Konferenz seiner Partei im Frankfurter Vorort Bergen–Enkheim. Mit einer Zweidrittel–Mehrheit hatten die Delegierten für die Neuauflage der Koalition votiert, Voraussetzung sei allerdings der klare Ausstieg aus der Plutoniumwirtschaft. Der mögliche Partner, SPD–Spitzenkandidat Krollmann, wollte sich darauf von seiner Partei nicht festlegen lassen. Im Zentrum stand bei den Grünen eine sich lang hinschleppende Kandidatenkür, die am kommenden Wochenende fortgesetzt werden muß. Bis zum dritten Wahlgang um Platz 4 auf der Landesliste waren die Grünen gestern nachmittag gekommen. In einer Stichwahl standen sich der Landtagsabgeordnete und Grünen– Müllexperte Chris Boppel und Fritz Hertle aus Fulda gegenüber. Boppel hatte im zweiten Wahlgang 247, Hertle 263 Stimmen erhalten. Der Newcomer Hertle, ein kontinuierlicher „Parteiarbeiter“, befriedigte den Bedarf der Versammlung nach neuen Gesichtern mit einiger Redegabe. Am Vortag hatten die Delegierten Platz eins und zwei besetzt: Die Landtags–Grüne Iris Blaul erhielt als Spitzenkandidatin 284 der 555 abgegebenen Stimmen. Sie gewann damit klar gegen die Ex– Bundestagsabgeordnete Hannegret Hönes, die als Überraschungskandidatin gestartet war. Platz 2 ging an Ex–Minister Joschka Fischer. Auf dem dritten Platz steht Irene Soltwedel, eine Landwirtschaftsexpertin aus Marburg. Eine lange Wahl entbrannte um Platz 4. Elf realpolitische und fundamentalistische Männer vollzogen Wahl– Rituale von der Vorstellung bis zur Befragung, unter ihnen Chris Boppel, Manfred Zieran, der Grünen–Pressesprecher Reinhold Weist, Knut Petzel von der Bürgerinitiative gegen die Mülldeponie Mainhausen und der gemäßigte Öko–Sozialist Werner Wenz. Als Außenseiter kandidierte Manfred Coppik, früherer Bundestagsabgeordneter der SPD und seit Ende 1985 in Offenbach bei den Grünen. Der Wahlgang war bei Redaktionsschluß noch nicht abgeschlossen, für Platz 5 bewarben sich 15 Frauen. Beobachter erwarteten einen realpolitischen „Durchmarsch“. Die Fundamentalisten scheiterten auf den ersten Plätzen. Eine sie begünstigende Quotenregelung in der Wahlordnung war gestrichen worden. Heide Platen Tagesthema Seite 3 EIN MÄUERLEIN Ein Mäuerlein das denkt beizeiten auf mir soll niemals einer reiten Und hat mit Scherben sich bespickt Wer darauf reitet ist verrückt! Ulrich Straeter