Möchtegern–Vater: „Ihr Bauch gehört mir“

■ Britischer Student will Abtreibung von Ex–Freundin mit allen juristischen Mitteln verhindern / Carver ist Mitglied einer Organisation zum „Schutz des ungeborenen Lebens“ / Abtreibungsgegner machen mobil / „Pro Life“–Lobbyist will bis vor die „Law Lords“ gehen

Aus London Rolf Paasch

Der Versuch eines britischen Studenten, seiner ehemaligen Freundin auf gerichtlichem Wege eine Abtreibung zu untersagen, ist vorerst gescheitert. Ein Londoner Berufungsgericht wies gestern den Antrag des 23jährigen Robert Carver auf eine einstwei lige Verfügung gegen die Abtreibung seiner Freundin zurück und bestätigte damit das Urteil aus erster Instanz vom Vortag. Oberrichterin Mrs. Justice Heilbron hatte am Montag entschieden, der Fötus besitze „keinen rechtlichen Status“, der ein juristisches Vorgehen durch eine dritte Partei rechtfertige. Der Versuch des Mannes, seiner 21jährigen Ex–Freundin ihr Recht auf Abtreibung streitig zu machen, hat mit einem Schlage die Abtreibungsdiskussion in Großbritannien wieder neu belebt. Sämtliche Boulevard–Zeitungen fochten den „Kampf um das ungeborene Leben“ am Montag auf ihren Titelseiten aus. Und das nicht gerade mit feministischen Argumenten. Die Expertin für Frauenfragen der britischen Bürgerrechtsvereinigung (NCCL), Corinne Sweet, begrüßte dagegen das Urteil der Richterin als „fair und gut“. „Es ist wichtig, daß die letzte Entscheidung über eine Abtreibung bei den Frauen liegt.“ Ähnliche Versuche von Männern in Norwegen, Kanada und Australien sind von den zuständigen Gerichten abschlägig beurteilt worden. Der Möchtegern–Vater, der Mitglied der „Oxforder Universitäts–Gesellschaft für den Schutz des ungeborenen Lebens“ ist, hatte seinen Antrag auf Abtreibungsverbot mit dem „Infant Life Preservation Act“ von 1929 begründet. Dieses Gesetz stellt das Leben von Babies, „die lebendig geboren werden könnten“, unter Schutz. Obwohl die Richterin die Abtreibung des Fötus, der nach verschiedenen Angaben zwischen 18 und 21 Wochen alt sein soll, angesichts der medizinischen Fakten als rechtmäßig angesehen hatte, ist die öffentliche Diskussion um den Beginn des Lebens bereits voll im Gange. Die Anti–Abtreibungs–Kampagne, die das Urteil als eine „Verhöhnung des Gesetzes“ bezeichnete, hat damit ihr eigentliches Ziel erreicht: die erneute Debatte über das britische Abtreibungs–Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche bis zur 28. Woche erlaubt. Der neue Champion der „Pro Life“–Lobby wird unterdessen noch am Dienstag nachmittag beim Oberhaus Antrag auf Berufung stellen, um seinen Kampf für den Fötus bis vor die „Law Lords“ zu tragen. Die Abtreibung, deren Durchführung das Krankenhaus von der richterlichen Entscheidung abhängig machen will, sollte ursprünglich am Donnerstag vorgenommen werden.