Atom–Insider rechnet mit AKW Stade ab

■ Langjähriger Sicherheitstechniker in Atomkraftwerken legt Sicherheitsverstöße im Reaktor Stade offen / „Pfusch und Täuschung der Öffentlichkeit“ / Pünktlich zum Brennelementewechsel im März kündigen AKW–Gegner Blockaden und Kunstaktionan an

Berlin (taz) - Er ist Mitte 40, „Techniker von Kindesbeinen“ und seit 20 Jahren mit der Installierung von Notstromaggregaten in Atomkraftwerken beschäftigt. In den AKWs - nicht in denen der Bundesrepublik - ist er gut herumgekommen. Gegenüber einem Mitglied der Bremer Bürgerinitiativen gegen Atomanlagen rechnete Mister X mit der Sicherheit deutscher Atomanlagen ab, wobei er vor allem das AKW Stade unter die Lupe nahm. Der Versuch, den versprödeten Reaktor druckbehälter in Stade durch ein „Schonprogramm“ über die Runden zu bringen, nennt er „Pfusch und Täuschung der Öffentlichkeit“. Stade besitze gegenwärtig nur drei statt der vier vorgeschriebenen Notstromaggregate und werde in diesem Jahr außerhalb der Richtlinien des TÜV betrieben. Weitere Sicherheitsdefizite der Anlage: Die Schaltanlagen der Notstromversorgung seien nicht voneinander getrennt, ebensowenig die Kabelkanäle. Stade müsse längst umfangreich nach gerüstet werden, was aber ökonomisch und technisch undurchführbar sei. Stade, das erste kommerzielle Atomkraftwerk der Bundesrepublik, seit 1972 in Betrieb, wird im März von AKW–Gegnern belagert: „Wir konzentrieren uns auf Stade, weil wir es für möglich halten, gegen dieses AKW so viel Kritik, Protest und Widerstand zu mobilisieren, daß Betreiber und Landesregierung zum Abschalten gezwungen werden.“ Ein frommer Wunsch? Ab 6. März beginnen jedenfalls die ersten Blockaden als ernsthafter Versuch einer Kampagne termingerecht zum Brennelementewechsel. „Kunst für Stade“ heißt eine weitere Aktion dieser Kampagne: Alle, die Pinsel und Farbe handhaben können, sollen am 21./22. März ihr Atelier vor den Atomreaktor verlegen. Eltern–Kind–Initiativen komplettieren mit ihrer „Aktion Jericho“ elf Monate nach Tschernobyl die Aktionen gegen den Schrottreaktor. -man– Tagesthema Stade auf Seite 3