Neue Bundesbahnpreise in der Mogelpackung

■ Neue Tarifstruktur als hübsch verpackte Preiserhöhung mit vielen Sonderangeboten tritt am 1. März in Kraft

Berlin (taz) - Die Bundesbahn tritt ab 1. März mit einer neuen Tarifstruktur an. „Fahr und spar“ lautet das Motto. Doch unter dem Strich zahlt der Kunde drauf. Die Bahn–Manager erhoffen sich einen jährlichen Einnahmen–Zuwachs zwischen 20 und 80 Millionen Mark. Die neue Tarifstruktur basiert auf einem Kilometerpreis, der um 0,8 Prozent auf 20 Pfennige angehoben wurde. Gleichzeitig fallen mehrere bisher geltende Vergünstigungen unter den Tisch, wie etwa der Rosarot–Tarif. Gestrichen wurde auch der ab 31 km gültige Rabatt für Kleingruppen. Drastisch teurer wird die Bahnfahrt für Einzelfahrer mit mittleren Reichweiten. Da die bisherige „Vorzugskarte“ entfällt (ca. 20 Prozent Ermäßigung für Rückfahrkarten über 200 km), erhöhen sich die Preise für Einzelreisende, die weder zu den täglichen Pendlern gehören, noch Junioren oder Senioren sind, um bis zu 33 Prozent. Wer bisher z.B. eine verbilligte Rückfahrkarte für eine Entfernung von 220 km löste, zahlte 66 Mark. Künftig muß er für die gleiche Strecke 88 Mark über den Schalter schieben. Der kräftige Preisaufschlag soll durch eine Reihe von neuen Sonderangeboten und Extra–Tarifen ausgeglichen werden, die allerdings die Preiserhöhungen insgesamt nicht verbergen können: - „Treuen“ Bahnkunden wird ein Oftfahrer–Rabatt angeboten. Sie müssen eine Art Fahrtenbuch führen und nachweisen, daß sie im Laufe eines Jahres für mehr als 1.000 Mark Fahrscheine gelöst haben. Die umständliche Handhabe dürfte aber etliche Dauerkunden abschrecken. - Im Nahverkehr wird ein Jahresabonnement angeboten, bei dem zwölf Monatskarten zum Preis von zehn zu haben sind. - Der Familienpaß wird billiger (130 statt 200 Mark), ebenso der Juniorenpaß für 12–17Jährige (40 statt 110 Mark) - Als sogenannter „Sparpreis“ wird ein Festtarif von 180 Mark eingeführt, wenn die Entfernung größer ist als 450 km. Dabei muß jedoch die „Wochenendbindung“ beachtet werden: Ein Samstag oder Sonntag muß in der Reise enthalten sein. - Der „Supersparpreis“, ein Festtarif von 120 Mark, gilt bereits ab 300 km, aber nur an 250 Tagen im Jahr und ebenfalls nur mit einer Wochenendverbindung. - Ein viel gepriesenes neues Angebot ist die Halbierung des Fahrpreises für Begleiter (Mitreisende) bei Hin– und Rückfahrt. Bei zwei Personen gilt dieses Angebot aber erst bei einer Entfernung von 200 km, bei drei bis fünf Personen schon ab 51 km, allerdings nicht an Wochenenden. Macht man die Gesamtrechnung auf, reisen mit den neuen Bahnpreisen, mit denen man „beim Fahren noch mehr sparen kann“ (Bahn–Werbung) nur Jugendliche, Familien und bei kürzeren Entfernungen tägliche Pendler mit Einschränkungen günstiger, der Normal–Kunde fährt teurer. Hauptziel der neuen Tarifstruktur soll angeblich eine „homogene Grundstruktur im Tarifwesen“ sein, was immer das heißt. Das zweite Ziel, eine übersichtliche und vereinfachte Tarifstruktur zu schaffen, hat die Bahn mit ihrem neuen Preissystem jedenfalls nicht erreicht. Die Angebote wurden noch differenzierter und durch die vielen Einschränkungen gleichzeitig komplizierter. Hemjö Klein, Bahn–Vorständler fürs Tarifwesen, nannte die Neustruktur ein „Nationales Ereignis“ und versprach, daß „niemand besser als die 35.000 Service–Bediensteten der Bahn“ über das neue Tarifsystem bescheid wüßte. Das ist auch bitter nötig, denn der Blick in die Info–Broschüre der Bahn (“Deutschlands neuestes Sparbuch - die neuen Preise der neuen Bahn“) ist vor allem eins: verwirrend. Keine tabellarisch aufgelisteten km–Preise mehr, die Infos müssen mühsam aus dem Text herausgepuzzelt werden, und ein Preisvergleich mit den bisherigen Regelungen ist unmöglich. man