: I N T E R V I E W „Es war schon deprimierend“
■ taz–Mitarbeiter Tom Janssen sprach in Hamburg unmittelbar nach den gescheiterten Gesprächen zwischen SPD und GAL mit Thea Bock von der Grün–Alternativen Liste
taz: Die SPD hat weitere Gespräche über den Tolerierungskatalog abgelehnt. Wird die GAL trotzdem auf weitere Gespräche drängen? Bock: Selbstverständlich. Richtige Gespräche, geschweige denn Verhandlungen gab es doch noch gar nicht. Das war eher ein Schnelldurchgang, wo sich informiert wurde. Einmal abgesehen von der SPD–Taktik, die Gespräche als Pflicht abzuhaken, sind wir ihnen soweit entgegengekommen, daß für einen Abbruch überhaupt kein Grund vorliegt. In welchen Punkten? Wir haben erklärt, daß unser Tolerierungskatalog verhandelbar ist. Wir haben sogar erklärt, daß wir nach einem erfolgreichen Abschluß nicht nur wider besseres kritisches Wissen das Arbeitsprogramm der SPD mittragen, sondern auch die dann durch die Tolerierungspunkte modifizierte Standortpolitik. Die einzige Antwort auf dieses großzügige Angebot: Das glauben wir nicht. War es nicht demütigend, der SPD diese weitreichenden Angebote zu machen? Demütigend höchstens für die SPD, die ihre bekundete Gesprächsbereitschaft in einer Art und Weise unglaubwürdig machte, daß mir wirklich nur noch das Staunen kam. Nein, für mich war es eher deprimierend. Immerhin sind wir doch zu diesen weitgehenden Zugeständnissen bereit, um für die Menschen in der Stadt einige wenige Erleichterungen zu erreichen. Die SPD bemängelt auch, daß eine Tolerierung nur euch zugute komme und winkt dabei mit der Regierungsverantwortung - wenn nicht jetzt, so eventuell später. Ist das in der GAL durchzusetzen? Natürlich nicht, und das wissen die Sozialdemokraten auch. Sie wollen den Streit, den sie über ihre fehlgeschlagene Politik jetzt untereinander führen, einfach zu uns hereintagen. Aber die Schizophrenie ist doch die: um die CDU auszuhebeln, wird der die Koalition immer wieder verbal verweigert. Weil die CDU sie will. Um uns auszuhebeln, wird mit fadenscheinigen Gründen die Tolerierung verweigert und mit der Koalition gewinkt. Ich kann dazu nur sagen: Selbst wenn wir in die Verhandlung gegangen wären und gesagt hätten, wir tolerieren euch zu bestimmten Bedingungen, um die Stadt vor einer Großen Koalition zu bewahren, hätten die garantiert Nein gesagt. Glaubst du, daß es zur Großen Koalition kommt? Die SPD–Beschlüsse stehen dagegen. Wenn ich mir aber ansehe, was der Bürgermeister mit seiner Partei macht und wie die mit zusammengebissenen Zähnen schweigt, bekomme ich so langsam Angst vor einer Eigendynamik, die in diese Richtung gehen könnte. Gesetzt der Fall, nicht die vom Bürgermeister beförderte Eigendynamik, sondern SPD–Parteitagsbeschlüsse setzen sich durch, heißt das doch Neuwahlen. Trägt die GAL das mit? Natürlich nicht, und das haben wir auch oft genug erklärt. Aber wir haben auch keine Angst vor ihnen. Und nach den Neuwahlen, die nach allen bisherigen Voraussagen die Hamburger Verhältnisse mit leichten Verschiebungen bestätigen werden? Wird es dann wieder ein Tolerierungsangebot an die SPD geben? Ja!
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