Bayerische Abgeordnete riechen in Oberpfälzer Giftküche

Berlin (taz) - Als „Giftküche“, in der jahrelang gerührt worden ist“, bezeichneten am Donnerstag Abgeordnete aller bayerischen Landtagsfraktionen in seltener Übereinstimmung den Umweltskandal in Marktredwitz/Oberpfalz bei einer Begehung vor Ort. Auf dem Gelände der im Frühjahr 1985 geschlossenen Chemischen Fabrik Marktredwitz sind Boden und Gebäudeteile hochgradig verseucht worden. Die Quecksilberkonzentration sei stellenweise so hoch, erklärte einer der Abgeordneten, daß sich der Abbau für die Gewinnung von Quecksilber fast lohne. Das Gelände kann nur noch mit Schutzkleidung betreten werden. Otto Schuhmann, SPD, sprach von einem „Horrorbild“. Außer Quecksilber konnte auf dem Gelände Arsen, Zink und Benzo nachgewiesen werden. Die Giftstoffe dringen auch ins Grundwasser und in die umliegenden Gewässer. So müsse seit Jahren der Fischfang aus der Kösseine vernichtet werden. Die Aufsichtsbehörden „müssen blind gewesen sein“, so Otto Schuhmann. Seit Anfang der siebziger Jahre wurde die Betriebsgenehmigung nur jeweils für ein Jahr erteilt. Obwohl die Fabrik immer wieder gegen Auflagen verstieß und insgesamt 61mal die Gewerbeaufsicht im Haus hatte, durfte sie ihre Produktion bis vor zwei Jahren fortsetzen. Nach einer bei einem Berliner Ingenieurbüro in Auftrag gegebenen Studie müssen etwa 100.000 t verseuchtes Material abgetragen werden. Wie die hierfür nötigen 43 bis 90 Millionen Mark aufgebracht werden sollen, und wo der Müll gelagert werden kann, ist noch völlig ungeklärt. Horst Eckert