Pro Familia im Visier

■ Ergänzungsgesetz zum §218 soll Beratungsstellen durch schärfere Überprüfung einengen

Von Helga Lukoschat

Berlin (taz) - Ein Beratungsgesetz für Schwangere soll nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel den §218 ergänzend verschärfen und Abtreibungen weiter erschweren. Familienministerin Rita Süssmuth, FDP–Schatzmeisterin Irmgard Adam–Schwätzer und der Chef der Bayerischen Staatskanzlei, Edmund Stoiber, haben für die Endrunde der Koalitionsverhandlungen folgende Vorschläge ausgearbeitet: Allen Schwangerschaftsberatungsstellen, die nach Ansicht der Verhandlungspartner zu schnell für eine Abtreibung eintreten, soll die staatliche Anerkennung entzogen werden. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Institutionen und Ärzte, die Indikationen zum Schwangerschaftsabbruch ausstellen, sollen verpflichtet werden, an Kursen „Zum Schutz des Lebens“ teilzunehmen. Abtreibungen sollen künftig nur dann per die Krankenkassen abgerechnet werden, wenn sie an das Statistische Bundesamt gemeldet werden. Die vorgeschriebene Bedenkzeit zwischen dem Besuch der Indikationsstelle und dem Abbruch soll von drei auf fünf Tage verlängert werden. Die von CDU–Politikern geforderte direkte Verschärfung wurde von den FDP– und CDU–Politikerinnen in Richtung auf die Beratungspraxis umgebogen. Die Vorschläge der vor zwei Wochen eigens eingerichteten Arbeitsgruppe „Schutz des ungeborenen Lebens“ zur Verschärfung der Beratungsrichtlinien richten sich vor allem gegen die Praxis der Pro–Familia–Beratungsstellen. Pro Familia wurde in der Vergangenheit mehrfach von organisierten Ab treibungsgegnern beschuldigt, „Frauen zu Abtreibung zu drängen“ und damit gegen den § 218 zu verstoßen. Auch auf der verwaltungsrechtlichen Ebene mußte Pro Familia verschärfte Behinderungen ihrer Arbeit hinnehmen. Der Antrag der Bielefelder Pro Familia, ambulante Abtreibung nach dem Modell der „integrierten Zentren“ in Bremen und Hamburg durchführen zu dürfen, wurde nach langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen im Dezember letzten Jahres abgelehnt. Vor dem Hintergrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, nach dem niedergelassene Ärzte keinen rechtlichen Anspruch auf eine Zulassung zum ambulanten Schwangerschaftsabbruch haben, legt das angestrebte Ergänzungsgesetz eine bisher in Bayern und Baden–Württemberg übliche Praxis bundesweit fest. Frauen sollen künftig in Zwangsberatungen unter Druck gesetzt werden, und wenn sie sich trotzdem zur Abtreibung entschließen, sind sie der staatlichen Kontrolle der Krankenhäuser ausgesetzt.