Redakteure von RadiAktiv zu Geldstrafen verurteilt

■ Nürnberger Gericht sah Tatbestand der Aufforderung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses und Verunglimpfung des bayerischen Wappens erfüllt / Freispruch im Hauptanklagevorwurf

Aus Nürnberg Bernd Siegler

Unter Ausschluß der Öffentlichkeit verkündete Amtsrichter Voll das Urteil gegen drei Redakteure des Anti–WAA–Magazins RadiAktiv. Sie müssen Geldstrafen zwischen 3.600 und 900 DM wegen öffentlicher Aufforderung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses und Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole zahlen. Vom Hauptanklagevorwurf der Aufforderung zu Brandanschlägen und Sachbeschädigungen sprach Richter Voll die Angeklagten in dubio pro reo frei. Bevor er das Urteil begründete, nahm Voll die lautstarken Hellau– Rufe, Pfiffe und Maskierungen der Prozeßbesucher zum Anlaß, den Saal von Bundesgrenzschutzbeamten räumen zu lassen. Als „am Einfachsten zu entscheiden“ empfand der Amtsrichter den Vorwurf, die Angeklagten hätten zur Verletzung des Dienstgeheimnisses aufgerufen. Der Appell an alle WAA–Gegner/innen, dem Magazin geheimgehaltene Einsatzpläne zur Verfügung zu stellen, erfülle in seinem „objektiven Sinngehalt“ eindeutig den § 111. Auch die Verfremdung des bayerischen Wappens auf der Titelseite von RadiAktivstelle eine Verunglimpfung des Freistaates dar. Die bayerischen Löwen, ausgerüstet mit Pistole, Knüppel und Polizeihelm und umgeben von bissigen Hunden, verunglimpfen Bayern als Polizeistaat. Die damit geäußerte Kritik am polizeilichen Vorgehen in Wackersdorf habe zwar „reale Ansatzpunkte“. Doch das polizeiliche Vorgehen in der Oberpfalz könne „niemals den Vorwurf des Polizeistaats rechtfertigen“, argumentierte Voll, denn die WAA sei demokratisch beschlossen worden. Das Herzstück der Anklage, Aufforderung zu Sachbeschädigung und Brandanschlägen, mußte jedoch fallengelassen werden. Staatsanwalt Breitinger hatte den Anklagevorwurf aus drei verschiedenen Textstellen konstruiert und damit einen Testlauf für den im Rahmen der Sicherheitsgesetze verabschiedeten und erst seit Jahreswechsel gültigen § 130a (Anleitung zu Straftaten) exerziert. Seiner Meinung nach hätte der „unbefangene Durchschnittsleser“ die Kombination der Textpassagen als eindeutige Aufforderung zu Straftaten verstehen könnte. „Das ist zweifelsfrei nicht nachweisbar“, verkündete Amtsrichter Voll. Unberührt davon bleibe jedoch, daß der gesamten Zeitschrift „hinreichend sicher entnommen werden kann, die Angeklagten sympathisierten mit solchen Anschlägen. Staatsanwalt und Verteidigung gehen in die Berufung. Richter Voll sprach vom „schwierigsten Verfahren seiner Laufbahn.“ Tagesthema auf Seite 3 Kommentar auf Seite 4