Roms Regierungskarussell beginnt zu kreisen

■ Ministerpäsident Bettino Craxi entsprach mit seiner Rücktrittserklärung der Koalitionsvereinbarung von Italiens Fünf–Parteien–Regierung / Jetzt soll der bisherige Außenminister Andreotti zum Zug kommen / Sozialisten wollen Neuwahlen

Aus Rom Werner Raith

Mit seiner Rücktrittserklärung vor dem Senat hat Italiens Ministerpräsident Bettino Craxi die seit langem „geplante“ Regierungskrise formell eröffnet. Seine positive Bilanz aus dreieinhalb Jahren Fünf–Parteien–Regierung (Christdemokraten, Sozialisten, Sozialdemokraten, Republikaner und Liberale) verdüsterte er dabei wie schon seit Wochen mit düsteren Hinweisen, daß die „Krise kaum lösbar“ sei. Vom Programm her ist das schwer verständlich: Die Regierungsparteien unterscheiden sich darin kaum, sieht man vom Thema Kernenergie ab, das aber sowieso durch ein Refe rendum entschieden werden wird. Den Hintergrund für die Demission Craxis bildet das Versprechen des christdemokratischen Parteichefs Ciriaco De Mita, das Amt des Ministerpräsidenten wieder für seine Partei zurückzuerobern - die Frage eines neuen Programms ist dabei nebensächlich. Seiner Erinnerung nach soll ihm Craxi Mitte vorigen Jahres auch fest versprochen haben, Ende März sein Amt zur Verfügung zu stellen; was Craxi wiederum als „Erfindung“ bezeichnet - obwohl seit einem halben Jahr alle von der famosen „Staffette“ sprachen. Designierter Nachfolger Craxis ist der derzeitige Außenmini ster Giulio Andreotti. Gerade ihn, mit dem Craxi in den dreieinhalb Jahren außenpolitisch nahtlos zusammengearbeitet hatte, wollen die Sozialisten aber nicht als Regierungschef sehen. Denn Andreotti, genannt „der Fuchs“, ist ähnlich machtbewußt wie Craxi und ebenso mit allen Wassern der Intrige gewaschen. Die Drohung der Sozialisten, zwar in die Regierung einzutreten, diese aber nur mit drittrangigen Ministern zu beschicken, hat sich bereits als Bumerang erwiesen - Andreotti hat sich die Hände gerieben und auf seine dann noch größere Profilierungsmöglichkeit hingewiesen. Deshalb setzen die Sozialisten derzeit eher auf Neuwahlen - die aber möglichst von den Christdemokraten verschuldet sein sollen. Die merkwürdigste Figur bei alledem gibt die Kommunistische Partei ab. Die größte Oppositionspartei, mit 30 Prozent fast so groß wie die DC, hat zwar seit Monaten lautstark die „demokratische Alternative“ gefordert; doch nun sehen die PCI–Chefs gebannt und bewegungslos zu, wie die fünf Bürgerlichen „ihre“ Krise unter sich austragen. Statt konkrete Vorschläge für eine Regierungsalternative zu unterbreiten, versichern die Kommunisten, „daß uns niemand wird instrumentieren können“ und „daß wir alles in aller Transparenz machen werden“.