Noch mehr Innere Unfreiheit

■ Koalitionsergebnispapier „Innere Sicherheit“ ist bekannt geworden / Am Donnerstag geht es nochmal um die umstrittene Kronzeugenregelung / Asylrecht wieder im Visier / Neue Straftatbestände sind geplant

Aus Bonn Oliver Tolmein

Voraussichtlich am Donnerstag wird im Rahmen der Koalitionsverhandlungen erneut das Thema „Innere Sicherheit“ auf die Tagesordnung gesetzt werden. Allerdings ist unklar, was außer der Kronzeugenregelung, auf der die CSU bisher erfolglos beharrt, noch Gegenstand der Diskussion sein soll. Das von der Koalitionsrunde am 19. Februar beschlossene und jetzt durch einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Details bekanntgewordene Papier „Ergebnispapier“ jedenfalls wird kaum wesentlich verändert werden. Be merkenswert an dem Papier ist nicht so sehr, daß die CSU eine Vielzahl von neuen Gesetzen und Verschärfungsvorschlägen eingebracht, sondern daß die FDP sich explizit für eine Intensivierung der Fahndung eingesetzt hat. Dazu soll eine Verbesserung des zu stark zersplitterten BKA–Informationssystems „Inpol“ ebenso beitragen wie der Versuch, ein neues gemeinsames Sicherheitsprogramm zwischen Bund und Ländern zu vereinbaren. Beide Vorschläge tauchen in dieser Konkretion aber nicht im Ergebnispapier auf. Dort heißt es allgemeiner, die „Fahndungsvoraussetzungen“ müßten „verbessert“ und die internationale Fahndungssituation berücksichtigt werden. Das wichtigste Anliegen der FDP in den Verhandlungen war die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Ursachen von Gewalt. Die CSU konnte allerdings durchsetzen, daß „die Einsetzung der Kommission parallelen gesetzlichen Maßnahmen nicht entgegensteht“. Damit solle, so CSU–Vertreter, einer Verzögerungstaktik der FDP vorgebeugt werden. Geändert werden sollen in der nächsten Legislaturperiode auf jeden Fall das Bundesdatenschutzgesetz, das BKA–Gesetz und das Bundesverfassungsschutzgesetz. Ein MAD–Gesetz, ein Zusammenarbeitsgesetz für die Geheimdienste sowie ein „Sicherheitsüberprüfungsgesetz“ sollen neu geschaffen werden. Über die Stoßrichtung dieser „Sicherheitsgesetze“, über die sich FDP und CDU/CSU letzte Legislaturperiode nicht einig werden konnte, wurde nichts beschlossen. Einig wurde sich die Runde dagegen darüber, daß ein neuer Straftatbestand „Beeinträchtigung der Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern“ geschaffen werden soll. Außerdem soll der § 311b Strafgesetzbuch dahingehend erweitert werden, daß auch diejenigen verurteilt werden können, die zur Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion entsprechendes Material besitzen. Beide Formulierungen „Beeinträchtigung“ und „entsprechendes Material“ sind sehr weit auslegbar. „Umfassend neu geregelt“ werden soll auch das Ausländerrecht. Im Asylrecht soll eine „Harmonisierung auf europäischer Ebene“ stattfinden - da in kaum einem europäischen Land das Asylrecht wie in der BRD Verfassungsrang hat, kommt das der alten CSU–Forderung nach einer massiven Beschränkung des Grundrechts auf Asyl gleich. Einen Teilerfolg konnte die CSU mit ihrem alten Vorschlag, den Paragraphen 125 (Landfriedensbruch) zu erweitern und zu verschärfen, erzielen: wurde dieses Vorhaben von der FDP bisher strikt abgelehnt, heißt es jetzt in dem Ergebnispapier: „Im Hinblick auf zunehmende gewalttätige Ausschreitungen bei Demonstrationen muß bis Ende 1987 geprüft werden, ob und welche Maßnahmen notwendig sind, das zu verhindern“. Nicht durchsetzbar allerdings waren für die CSU Verschärfung des Paragraphen 113 (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte), die Neuaufnahme einer Strafvorschrift gegen den Aufruf zum Gesetzesboykott oder die Wiedereinführung des Paragraphen 88a (Befürwortung staatsfeindlicher Gewaltakte) sowie die Erhöhung des Strafrahmens einzelner Strafgesetze.