Kondome: ja Gauweiler: nein

■ München: Politischer Aschermittwoch der AIDS–Hilfe Protest gegen bayerischen Maßnahmenkatalog

Aus München Luitgard Koch

„Wir haben uns nach diesem Beschluß der bayerischen Staatsregierung sehr schnell entschlossen zu handeln, da wir meinen, daß die Maßnahmen zur Bekämpfung von AIDS völlig ungeeignet sind“, erklärte der Pressesprecher der Deutschen AIDS–Hilfe e.V. Zastrau. Während in Niederbayern die Parteien ihre Veranstaltungen zum politischen Aschermittwoch abhielten, trafen sich gestern in München Mitglieder der 45 AIDS–Hilfen aus dem gesamten Bundesgebiet, um mit einem „AIDS–Aschermittwoch“ gegen die bayerischen „Zwangsmaßnahmen“ zur AIDS–Bekämpfung zu protestieren. In der Münchner Fußgängerzone verteilten sie neben Aufklärungsbroschüren auch Kondome. An den AIDS–Aktionen beteiligten sich neben Schauspielerinnen wie Cornelia Froboess auch Vertreter von SPD, FDP und Grünen sowie Sexualwissenschaftler, der Präsident der Ärztekammer Berlin und der Vorsitzende der Schweizer AIDS–Hilfe. „Die bayerische Staatsregierung wird mit ihrer paranoiden Hysterie nicht einen einzigen HLV–Infizierten verhindern“, betonte Zastrau. Als „durchweg rechtswidrig“ bezeichnete Bundesanwalt Bruns die Maßnahmen. Fortsetzung auf Seite 2 Er rechnet damit, daß auf die bay erische Regierung eine Welle von Strafanzeigen wegen Körperverletzung und Schadensersatzansprüchen zukommen wird. Das Bundesseuchengesetz sei als rechtliche Grundlage allein nicht ausreichend. Damit könnten Maßnahmen bis hin zur Zwangsisolierung gefördert werden. Ebenfalls gibt es nach Ansicht von Bruns für den Zwangstest bei AIDS bei Bewerbern des öffentlichen Diensts keinerlei Rechtsgrundlage. Die bayerischen Behörden machen sich dadurch schadensersatzpflichtig. Als gesundheitspolitisches Verbrechen und Sünde wider die christlichen Grundwerte bezeichnete der Präsident der Berliner Ärztekammer Ellis Huber die bayerischen Maßnahmen. „Wir setzen hier auf Hilfe und nicht auf Brandmarkung“, kritisierte auch der Bundestagsabgeordnete Manfred Schmidt (SPD) ebenso wie der FDP–Abgeordnete Norbert Eimer die Beschlüsse der bayerischen Staatsregierung. Unverständnis über die bayerischen Maßnahmen äußerte auch der Sexualwissenschaftler Prof. Erwin Haeberle von der Universität San Francisco. In den USA herrsche längst Konsens darüber, daß solche Maßnahmen nicht nur sinnlos, sondern gefährlich sind. Der bayerischen AIDS–Hilfe wurden zu Beginn des Jahres bereits ein Wohngruppenprojekt sowie ein Projekt zur begleitenden Forschung nicht genehmigt. Auf dem Marienplatz wurden Aufklärungsbroschüren und Kondome vertielt. Obwohl das Verteilen von Kondomen in Bayern ordnungswidrig ist, nämlich Aufforderung zur Unzucht, griffen die jungen Polizisten nicht ein. „Was schützt vor AIDS? - Kondom: ja, Gauweiler: nein“ stand auf den mitgebrachten Transparenten.