„Keine Krankheit“

■ Gericht lehnt Lohnfortzahlung nach Abtreibung ab

Aus Berlin Helga Lukoschat

Das Arbeitsgericht Iserlohn (Rheinland–Pfalz) hat in erster Instanz die Klage der Ortskrankenkasse gegen einen Arbeitgeber zurückgewiesen, der sich geweigert hatte, einer Arbeitnehmerin nach einem Schwangerschaftsabbruch Lohnfortzahlung zu leisten. Nach einer Abtreibung im Rahmen der sozialen Indikation war die Frau drei Wochen ihrem Arbeitsplatz in einem kleineren Metallbetrieb ferngeblieben und hatte von der AOK Krankengeld erhalten. Diese Zahlungen forderte die Krankenkasse vom Arbeitgeber ein. Prinzipiell sieht das Lohnfortzahlungsgesetz Leistungen der Arbeitgeber vor. Dagegen argumentierte das Gericht, Schwangerschaft sei keine Krankheit; die Arbeitnehmerin habe den Abbruch selbst eingeleitet und damit im arbeitsrechtlichen Sinne schuldhaft gehandelt, nämlich ihre Arbeitsunfähigkeit selbst herbeigeführt. In seiner Urteilsbegründung berief sich das Gericht auf die „verfassungskonforme“ Auslegung des § 218, wonach Abtreibung auf Grund der sozialen Indikation zwar straffrei, aber rechtswidrig sei. Der Schwangerschaftsabbruch sei ein Eingriff in das vom Grundgesetz geschützte Lebensrecht auch des ungeborenen Kindes. Damit sei er aber „im Falle der sogenannten Notlangenindikation grundrechtswidrig und damit nach wie vor rechtswidrig“. Für eine Arbeitsunfähigkeit, die aus rechtswidrigem Handeln folge, stehe dem Arbeitnehmer eine Lohnfortzahlung nicht zu. Der Urteilsspruch des Iserlohner Gerichts fügt sich nahtlos in die Reihe der Urteile ein, mit denen gegenwärtig der reformierte Paragraph 218 Stück für Stück demontiert wird. Die AOK Iserlohn legte inzwischen Berufung ein und wird voraussichtlich auch in die Revision gehen.