Reagan sendet auf der alten Welle

■ US–Präsident nennt Afghanistan als Hauptproblem einer Ost–West–Verständigung / Informationen über geheime Afghanistan–Verhandlungen / US–Außenminister Shultz spricht von „neuer Schwungkraft“

Berlin (afp/ap/taz) - Solange die Sowjetunion an ihrer bisherigen Afghanistan–Politik festhalte, könne es keinen Abbau der Ost–West–Spannungen geben, erklärte der US–amerikanische Präsident Reagan während seiner wöchentlichen Rundfunkansprache am Samstag in Washington. Die bisherigen Bemühungen der sowjetischen Führung zur politischen Lösung des Krieges in Afghanistan seien lediglich „kosmetische Veränderungen“. Gleichzeitig forderte er den Kongreß auf, 40 Mio. Dollar zur Unterstützung der Contra freizugeben, um der „großen sowjetischen und kubanischen Hilfe“ für die nicaraguanische Regierung „etwas entgegensetzen“ zu können. Alles andere sei ein „Verrat an den amerikanischen Prinzipien“. Diese Äußerungen des Präsidenten verwundern politische Beobachter in Washington um so mehr, als das amerikanische Nachrichtenmagazin „U.S. News and World–Report“ in sei ner neuesten Ausgabe über sowjetisch–amerikanische Geheimgespräche zur Afghanistan–Frage berichtet. Nach Angaben des Ma gazins sollen die Gepräche weit fortgeschritten sein und schließen die Rückkehr des vor 14 Jahren gestürzten afghanischen Königs als Leitfigur einer neutralen Regierung ein. Fortsetzung auf Seite 6 Kommentar auf Seite 4 Erst am Freitag, am Vortag der jüngsten Reagan–Rede, hatten amerikanische Regierungsstellen die Entwicklung der sowjetisch– amerikanischen Beziehungen als durchaus hoffnungsvoll bezeichnet und betont, daß die „gewonnene Schwungkraft“ bei den Abrüstungsverhandlungen in Genf von seiten der USA „weiter in Gang gehalten“ werden solle. In diese Tendenz paßt die nun auch von seiten der UdSSR bestätigte Meldung über eine Reise von US–Außenminister Shultz nach Moskau, die „Mitte April“ stattfinden werde. Shultz beurteilte die Möglichkeiten für eine Einigung in der Frage der Mittelstreckenraketen in Europa am Samstag optimistis Außenminister aber aus. Während Shultz die Verhandlungen über die Raketensysteme in den Mittelpunkt stellte, bekräftigte der sowjetische Außenminister Schewardnadse am Samstag in Indonesien, daß Moskau bereit sei, ein Abkommen über Mittelstreckenraketen zu erzielen, das nicht an Beschränkungen des US– SDI–Projekts gekoppelt ist. Die jüngsten Abrüstungsvorschläge würden auch im Mittelpunkt des Shultz–Besuches in Moskau stehen. In bezug auf die Gespräche in Indonesien erklärte Schewardnadse, daß eine weitere Militarisierung des Pazifiks verhindert werden müsse. Die UdSSR unterstütze auch einen Fortgang des Dialogs, der zu einer Lösung des Kambodscha–Konflikts führen könnte. Moskau könne jedoch Vietnam nicht seine Ansichten aufzwingen. In Anspielung auf die positiven Reaktionen in einem Teil der westlichen Medien auf die neuen Abrüstungsinitiativen warnte die Prawda in ihrer Sonntagsausgabe vor „Übertreibungen, allzuviel Optimismus und Euphorie“. Es gebe noch viele Hindernisse für einen entscheidenden Durchbruch. Ausdrücklich lobte die Parteizeitung die Haltung der Bundesregierung, wies aber zugleich kritisch auf die skeptische Reaktion Frankreichs hin. Am Samstag hatte Francois Mitterrand den sowjetischen Delegationsleiter bei den Genfer Verhandlungen, Julij Woronzow, empfangen. Dabei erklärte der sowjetische Diplomat erneut, daß die UdSSR bereit sei, jedwede Überprüfung künftiger Vereinbarungen zu akzeptieren, sofern die USA die gleichen Prozeduren auch in ihrem Gebiet zuließen. er