: Redakteur klagt gegen Zensur
■ Arbeitsgerichtsverfahren wegen Umbesetzung bei Report / Moser fordert Intendanten zum Rücktritt wegen jahrelang vernachlässigter Fürsorgepflicht auf / Franz Alt: Atomlobby übt Druck auf den Rundfunkrat aus
Aus Karlsruhe Rolf Rolf Gramm
„Wenn der Intendant achteinhalb Jahre lang nicht bemerkt hat, daß meine Beiträge nicht sendefähig sind, sollte er am besten zurücktreten.“ Mit diesen Worten schloß gestern der aus der Report–Redaktion „umgesetzte“ Redakteur Wolfgang Moser seine Einlassung bei dem „Gütetermin“ vor dem Karlsruher Arbeitsgericht. Mit dem Arbeitsge richtsverfahren geht Moser gegen den Beschluß des Fernsehausschusses des Südwestfunks (SWF) vor, der ihn anläßlich eines Beitrags über Leukämiegefahren bei AKWs Ende Januar aus der Report–Redaktion in die Redaktion „Schauplatz Europa“ im dritten Programm strafversetzt hatte. Das Verfahren wird am 21. April fortgesetzt. Wolfgang Moser und sein Anwalt Götz von Olenhusen verwie sen gestern darauf, daß es bislang einmalig im SWF ist, daß ein Redakteur gegen das Votum seiner Redaktion umgesetzt wurde. Insgesamt würden die Maßnahmen verdeutlichen, daß „diese Versetzung eigentlich eine Disziplinierung ist und klaren Strafcharakter hat“. Hier werde Zensur geübt. Der Film um die Leukämie–Gefahr sei insgesamt viermal vom Redaktionsleiter, zweimal vom Fernsehdirektor und zusätzlich von einigen Justitiaren des SWF geprüft und freigegeben worden. „Wenn meine Beiträge wirklich von Vorurteilen geprägt und mit verengtem Blickfeld gefertigt sind, wie es der Intendant jetzt öffentlich verkündet, hätten sie eben nicht gesendet werden dürfen“, erklärte Moser. Der Intendant habe Jahre lang nicht sendefähige Beiträge hingenommen. Fortsetzung auf Seite 2 Tagesthema Seite 3 Wenn er nun so darauf reagieren müsse, habe er lange Zeit gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen. Als ganz normale arbeitsorganisatorische Umsetzung wollte dagegen der SWF–Justiziar Dr. Wilkens den Vorgang verstanden wissen. „Das Wesen eines Arbeitsverhältnisses ist die Fremdbestimmung“, führte er aus. Der Intendant und nicht der Mitarbeiter habe zu bestimmen, wer wann welche Beiträge zu machen habe. Moser habe nun achteinhalb Jahre bei „Report“ seine „persönlichen Auffassungen mit dem Multiplikator 5 oder 6 Millionen versehen können“, jetzt möge „mal eine andere Farbe bei Report verwirklicht werden“. „Report“–Chef Franz Alt verwies im Anschluß an die Verhandlung nochmals auf den engen Zusammenhang zwischen dem Druck der Atomlobby und der Maßnahme des Rundfunkrats. So habe der Pressesprecher der Kraftwerks Union, Hans–Jörg Klein am 27. Januar öffentlich eine Wette angeboten, daß es nach der Leukämie–Sendung in „Report“ zu personellen Maßnahmen kommen werde. Wenige Stunden später wurde bekanntgegeben, daß Moser umgesetzt wird.
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