Chinas neue Manager bleiben

■ Die Kampagne gegen den bürgerlichen Liberalismus rührt nicht an die Grundfesten der Wirtschaftsreformen von Deng Xiao Ping / Nur die Preisreform wird wegen ihren inflationären Wirkungen ausgesetzt

Aus Peking Jürgen Kremb

„Zur Westöffnung gibt es keine Alternativen“, und „China wird seine Politik nicht ändern“, sind die beiden Kernsätze , mit denen sowohl Premier Zhao Ziyang als auch Deng Xiao Ping seit Wochen ausländische Staatsgäste beschwichtigen, die sich besorgt nach einer möglichen Kursänderung für die Wirtschaftspolitik in Peking erkundigen. Keine Selbstverständlichkeit, denn seit den Studentenunruhen in zahlreichen chinesischen Städten und dem darauffolgenden Sturz vom KP–Generalsekretär Hu Yaobang Mitte Januar erschien es immer fraglicher, inwieweit sich die jüngst begonnene Kampagne gegen bürgerliche Liberalisierung auch auf die Wirtschaftspolitik auswirken würde. Westliche Befürchtungen Dieser Gerüchteküche ist jetzt die führende englischsprachige Tageszeitung China Daily in ihrer Montagsausgabe eindeutig entgegengetreten. Ein Kernstück der chinesischen Wirtschaftsreform, das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit in den Betrieben, wird auf jeden Fall erhalten bleiben. „Die Führung der Partei zu stärken, heißt nicht, daß die KP alles monopolisieren muß“, zitierte das Blatt aus einem Interview mit Gu Ming, dem führenden Wirtschaftsjuristen im Staatsrat. „In der Industrie werden wir nie mehr zur alten Praxis zurückkehren und das Parteikomitee zum Verantwortlichen für das Management erklären.“ Das System der Eigenverant wortlichkeit der Manager in den großen und mittleren Staatsbetrieben war ein wesentlicher Teil der sogenannten „Reform in den Städten“, die 1984 - sechs Jahre nach dem erfolgreichen Beginn der Re formen in der Landwirtschaft - begann. Anstelle von Parteikadern sollten fortan geschulte Wirtschaftsexperten und Ingenieure die Staatsbetriebe verantwortlich leiten, eine Regelung die unter den Kadern für erheblichen Unmut sorgte. Nach Angaben von Gu wurden in den letzten Jahren 28.000 von insgesamt 54.000 Betrieben auf das neue System umgestellt, was sich sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie als erfolgreich erwiesen habe. Ende März soll der Volkskongreß Einzelheiten hierzuin einem Gesetz festlegen. Rangfolge der Reformen Lediglich die Prioritäten sollen neu festgelegt worden. Die vier Prinzipien „Sozialismus, Führung durch die KP, Diktatur des Proletariats und die Mao Ze Dong Ideen“ werden jetzt an erster Stelle genannt vor den „aufrechten Anstrengungen für die vier Modernisierungen“ und die „Öffnung zum Westen“. An letzter Stelle folgen die Wirtschaftsreform und die politische Reform. Nach den Aussagen von Gu Ming ist dies aber keine Kursänderung; Man könne nicht die verschiedenen Prinzipien gegeneinander aufrechnen: „Die wirtschaftlichen und politischen Reformen hatten zum Ziel, die Regierung von den Routineentscheidungen der Betriebe fernzuhalten und die Partei von der Regierung zu trennen.“ Dafür wurde die Preisreform, ebenfalls eines der Hauptglieder der Reform, vorerst ausgesetzt. Sie war seit 1985 zusammen mit der Anpassung der Löhne vehement betrieben worden und hatte erhebliche Inflationsraten zur Folge gehabt. Stattdessen rufen die Medien jetzt täglich zur Sparsamkeit auf, und in Peking kursieren hartnäckig Gerüchte, daß die lokale Währung, der Renminbi, um zehn bis fünfzehn Prozent abgewertet werde.