Schritt zur Entkrampfung

■ IG Metall–Besuch bei der Grünen–Fraktion

Der Auftritt der beiden IG Metall–Experten in der Bundestagsfraktion der Grünen ist ein Schritt zur Entkrampfung zwischen der neuen Partei und der alten Arbeiterbewegung, der längst fällig gewesen wäre, aber immer wieder an lächerlichen Prestige– und Statusquerelen gescheitert ist. Er ist auch ein Zeichen dafür, daß sich die gewerkschaftliche Strategie der Arbeitszeitverkürzung bei den Grünen inzwischen als Bestandteil progressiver Gesellschaftspolitik durchgesetzt hat. Die Entkrampfung ist beiderseitig: Die IG Metall springt über ihren sozialdemokratischen Schatten und akzeptiert die Grünen als ernstzunehmende Partei, die gewerkschaftliche Positionen teilt, auch, wenn sie in spezifisch grüner Färbung formuliert werden. Die Grünen haben sich von dem Druck befreit, ihr eigenständiges Profil unbedingt durch phantasielosen gewerkschaftlichen Realismus oder undifferenzierte Pauschalkritik am Gewerkschaftsapparat beweisen zu müssen. Es kann im schwierigen Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Grünen nicht darum gehen, die unterschiedlichen Traditionen und politischen Akzente zu verwischen. Im Gegenteil, sie müssen entfaltet werden - nicht um sie als unvereinbar gegenüberzustellen, sondern um Raum für eine fruchtbare Auseinandersetzung zu schaffen. Martin Kempe