Spionageausschuß ohne Kompetenz

■ Israelisches Kabinett richtet Pollard–Untersuchungskommission ein / Designierter Ausschußvorsitzender weist Ernennung zurück / Beruhigungspille für die amerikanische Juden und US–Administration

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Der israelische Richter Mosche Landau, einstiger Präsident des Obersten Gerichtshofs, hat seine Berufung als Ermittler über die Rolle Israels in der Spionageaffaire Pollard abgelehnt. Landau sollte zusammen mit Reservegeneral Tavi Tsur die Untersuchung führen. Die Gründe für den Rückzieher Landaus waren zunächst nicht bekannt. Das israelische Kabinett hatte am Mittwoch die Ein setzung einer Kommission zur Untersuchung der Spionageaffaire beschlossen. Die nur zweiköpfige Kommission sollte mit dem parlamentarischen Geheimdienstausschuß zusammenarbeiten, der gestern seine Arbeit aufnahm. Entscheidungsbefugnisse haben diese Gremien nicht. Sie können lediglich Empfehlungen aussprechen und noch nicht einmal Zeugen vorladen, falls deren Vorgesetzte es vorziehen, Informatio nen zurückzuhalten. Daher wandten sich die linken Oppositionsparteien im israelischen Parlament auch gegen den Regierungsbeschluß vom Mittwoch. Hintergrund der Ablehnung Landaus könnte diese eingeschränkte Befugnis der Kommission sein. Für den Untersuchungsausschuß zu den Massakern in den Palästinenserlagern Sabra und Shatila im Jahre 1982 hatte der damalige Richter des Obersten Gerichtshofs, Kahan, seine Ernennung zum Vorsitzenden so lange abgelehnt, bis der Ausschuß auch juristische Kompetenzen hatte. Möglicherweise taktiert Landau einen ähnlichen. Die Kommission wurde wegen der „besonderen Bedeutung“ des Falles Pollard für Israels Beziehungen zu den USA eingesetzt, wie es in einer Regierungserklärung heißt. Pollard war letzte Woche in Washington zu lebenslänglicher Haft wegen Spionage für Israel verurteilt worden. Er hatte mehrfach erklärt, seine Tätigkeit sei mit offiziellen Stellen abgesprochen gewesen - eine Behauptung, die in Israel zurückgewiesen wurde. In den USA waren im Zusammenhang mit der Pollard–Affaire die Beförderungen von zwei ehemaligen Geheimdienstlern, Rafi Eitan und Aviem Sella, auf Mißfallen gestoßen. Eitan hatte die Einheit im Verteidigungministerium geführt, die für Pollard zuständig war, und Sella soll den Verurteilten angeleitet haben. Trotz dieser Differenzen ist die strategische Zusammenarbeit zwischen Israel und den USA von der Affaire nicht betroffen, wie auch führende Kreise in der amerikanischen Botschaft in Israel versichern. Jedoch sollen Sella als Person und der von ihm jetzt befehligte Militärflugplatz Tel Nof von den USA boykottiert werden. Sella war einige Tage vor der Verurteilung Pollards auf seinen neuen Posten ernannt worden. Der Reservegeneral Matti Peled erklärte, die Entscheidung der Regierung für die Untersuchungskommission könne vielleicht die amerikanischen Juden und die US– Administration zufriedenstellen. Aber die mit dieser Aufgabe Betrauten seien nicht in der Lage, die Fakten zu ermitteln und bindende Schlußfolgerungen zu formulieren.