OB kappt grünes Telefon

■ Sperrung in Ludwigshafen soll Bürgerinformation über Volkszählungsboykott unterbinden / Gesamte Fraktionsarbeit der Grünen im Stadtrat behindert / Geplante Veranstaltung soll durch Kündigung eines Mietvertrages vereitelt werden

Ludwigshafen (taz) - Gestern ließ der Ludwigshafener Oberbürgermeister Werner Ludwig (SPD) den Telefonanschluß der Grünen Fraktion im Rathaus der Stadt sperren. Mit dieser Aktion sollte verhindert werden, daß sich die Bürger über lokale Aktivitäten zum Volkszählungsboykott informieren können. Der sozialdemokratische Rechtsaußen sah sich „leider dazu gezwungen“, wie er in einem per Boten überreichten Schreiben an die Grünen–Stadträte mitteilte, den Telefonanschluß im Fraktionsgeschäftszimmer „vorläufig donnerstags in der Zeit von 14–18 Uhr zu sperren“. Zur Begründung führte der OB ein Flugblatt mit dem Titel „Volkszählung 87“ an, in dem auch erwähnt wurde, daß die Grünen zum Thema Boykott telefonisch Auskünfte geben würden. Die Stadt sei „berechtigt, die Benutzung ihr gehörender Einrichtungen zu gesetzlich mißbilligten Zwecken zu unterbinden“, schrieb Ludwig. Der Grünen–Stadtrat Bernhard Braun bestätigte gegenüber der taz, daß man selbstverständlich auch anrufende Bürger über Fragen des Volkszählungsboykotts informieren werde, allerdings geschehe dies im Rahmen der normalen wöchentlichen Fraktionssprechstunde. Einen Extra–Telefonanschluß für den Volkszählungsboykott habe man nicht einrichten wollen. Mit dem Kappen der Lei tung behindere der OB daher auch die gesamte Fraktionsarbeit und nicht etwa nur Auskünfte zur Volkszählung. Das Telefon wurde durch die Stadtverwaltung übrigens schon lange vor 14 Uhr stillgelegt. Darüber hinaus überlegt sich Sozialdemokrat Werner Ludwig, ob er gegen Braun noch ordnungsrechtlich vorgehen soll, da dieser das oben erwähnte Flugblatt auch im Rathaus verteilt hatte. Auch eine für den 20. März im städtischen „Haus der Jugend“ geplante Veranstaltung zum Thema „Volkszählungsboykott“ mit dem Frankfurter Rechtsanwalt Stefan Baier und dem Kabarett „Ohrfeige“ hat der Oberbürgermeister aufs Korn genommen. Er will alles daran setzen, den bereits mit den Grünen abgeschlossenen Mietvertrag über die städtischen Räume wieder zu kündigen. Das kündigte Ludwig in der letzten Gemeinderatsitzung an. Felix Kurz