Salute, Prost, Europa!

■ Luxemburger EG–Gerichtshof bezeichnet deutsches Reinheitsgebot für Importbier als vertragswidrig / Deutsches Bier bleibt rein / Qualitätsbewußtsein gefordert

Aus Luxemburg Th. Scheuer

Auch der deutsche Biermarkt ist nun höchstrichterlich an den europäischen Binnenmarkt angeschlossen. Gestern fällte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg in der „Rechtssache 178/84 - Kommission gegen Bundesrepublik“ sein Urteil: Mit dem bisherigen Importverbot für Bier aus EG–Ländern, das nicht nach dem überlieferten deutschen Reinheitsgebot gebraut war, hat die Bundesrepublik Deutschland Artikel 30 des EWG–Vertrages verletzt. Dieser Artikel untersagt gegenseitige Handelshemmnisse. Für einheimisches Bier bleibt das Reinheitsgebot weiterhin in Kraft, und aus EG–Landen einsickernder Gerstensaft unterliegt einer strengen Kennzeichnungspflicht; alle Zusatzstoffe müssen auf dem Etikett aufgeführt sein. Die Vertreter der deutschen Brau–Wirtschaft gaben sich gestern in Luxemburg denn auch gelassen: Mit dem Gütesiegel „Reinheitsgebot“ will man sich vor dem mündigen Trinker von der Konkurrenz absetzen, vor der man sich deshalb schon nicht sonderlich fürchtet, weil auch die Braustätten der EG–Partner nicht kostengünstiger produzieren. Der bayerische Staatssekretär Heinz Rosenbauer regte an, die deutsche Qualitätsnorm für Bier doch schlicht zum EG–Recht zu erheben, eine Forderung, die das Europäische Parlament in Straßburg übrigens just diese Woche im Rahmen einer lebensmittelrechtlichen Debatte ebenfalls erhob. Das Luxemburger Bier–Verfahren wurde von dem Bonner Staatssekretär Chory als „Musterprozeß von weitreichender Bedeutung“ für andere Lebensmittelverfahren bewertet. Tagesthema auf Seite 3 Kommentar auf Seite 4