Scharping setzt auf lauen Rau–Kurs

■ Beim Sonderparteitag der rheinland–pfälzischen SPD verkündete Spitzenkandidat Scharping, seine Partei setze auf eine „eigenständige Mehrheit“ / SPD strebt keine rot–grüne Koalition an / CDU „in den Amtssesseln verfettet“

Aus Mainz Felix Kurz

Die rheinland–pfälzische SPD strebt bei den Landtagswahlen am 17. Mai keine Koalition mit den Grünen an. Spitzenkandidat und Landeschef Rudolf Scharping sagte auf dem außerordentlichen Landesparteitag in Mainz, seine Partei werde für eine „eigenständige Mehrheit“ bei den kommenden Wahlen kämpfen. Zu einem Machtwechsel benötige man „Professionalität, die den Grünen in Rheinland–Pfalz fehle“, meinte Scharping gegenüber Journalisten. Zudem müßten die Grünen erst einmal entscheiden, ob sie bereit seien, Verantwortung zu übernehmen, und ob sie die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Gewaltfreiheit anerkennen würden. Nach über 40jähriger CDU– Regierungszeit hoffen die rheinland–pfälzischen Sozialdemokraten zum ersten Mal ernsthaft darauf, die absolute Mehrheit des amtierenden Ministerpräsidenten Bernharnd Vogel (CDU) brechen zu können. Die CDU sei eine „in den Amtssesseln verfettete, unbewegliche, satte Partei“, die abgelöst werden müsse. In Mainz war allerdings nichts von Aufbruchstimmung unter den rund 150 Delegierten zu spüren. In seiner Rede ging Scharping auch auf die derzeit desolate Situation seiner Partei nach der Bundestagswahl ein. Die SPD sei immer eine Partei der Arbeitnehmer gewesen, und daran dürfe sich auch nichts durch die Wandlungen in der Arbeitswelt ändern. So liege dem zukünftigen Programm seiner Partei ein „erweiterter Begriff der Arbeit und der sozialen Ge rechtigkeit“ zugrunde. Handwerker und Selbständige rechnet der SPD–Vorsitzende zu denen, die von der SPD umworben werden müssen. Vor allem Rheinland– Pfalz ist vom Handwerk und Mittelstand und von land– und weinwirtschaftlichen Betrieben geprägt. So umwarb Scharping in seiner recht farblosen Rede wiederholt die Winzer und Bauern (“Wer hart arbeitet, soll anständig davon leben können“) und forderte unter anderem, daß man „endlich den Mut finden“ müsse, bei den „Agrarfabriken in Norddeutschland“ die Erzeugung zu drosseln, anstatt die kleinen Bau ern in Rheinland–Pfalz zur Aufgabe ihrer Betriebe zu bewegen. Scharping grenzte sich scharf gegen die Grünen ab und warf ihnen vor, lediglich „durch Willensakt aus der Industriegesellschaft aussteigen“ zu wollen. Wer nur vom Ausstieg fasele, treibe die Arbeitnehmer in einen falschen Gegensatz zum Schutz der natürlichen Grundlagen. Es sei „gefährlich“ und „mindestens leichtfertig“, wenn man nur sage, „Macht doch die Dreckschleudern zu“. Gemeinsam mit der IG Chemie will der SPD–Vorsitzende auch für einen verbesserten Umweltschutz eintreten. Scharping setzte sich vehement für die Volkszählung ein und warf den Grünen vor, sich durch den Boykott gegen ein Gesetz außerhalb des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit zu begeben. Die SPD–Delegierten verabschiedeten auch ein hypothetisches Regierungsprogramm für die nächste Legislaturperiode. Darin heißt es unter anderem, daß eine sozialdemokratisch geführte Landesregierung den Radikalenerlaß nicht anwenden werde, das AKW Mülheim–Kärlich nicht in Betrieb gehen soll und daß man sich für den Abzug aller Mittelstreckenraketen einsetzen werde.